Neue Westfälische: KOMMENTAR 1. Mai im Zeichen der schweren Wirtschaftskrise Kein Tag zum Feiern PETER JANSEN,DÜSSELDORF
Bielefeld (ots)
Der 1. Mai, international der Tag der Arbeit, ist für die Arbeitnehmer in Deutschland und speziell in NRW in diesem Jahr kein Tag zum Feiern. Die Prognosen für die künftige Wirtschaftsentwicklung sind so düster und beunruhigend wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Das bevölkerungsreichste Bundesland wird von der heraufziehenden Krise stärker getroffen als andere Teile Deutschlands. Grund sind die hohe Abhängigkeit vom Export und der hohe Anteil an Industrien, die besonders stark unter dem weltweiten Einbruch leiden. Dass die jüngsten Arbeitslosenzahlen nur einen leichten Anstieg aufzeigen, darf nicht als Signal verstanden werden, es komme nicht so schlimm wie vorhergesagt. Die Zahl der Kurzarbeiter ist in die Höhe geschnellt, die Zahl der Leiharbeiter dramatisch gesunken, beides Vorboten eines massiven Einbruchs auf dem Arbeitsmarkt. Manche Experten halten es sogar für möglich, dass am Jahresende allein in NRW bis zu 1,5 Millionen Arbeitnehmer ohne Job sind, ein nie dagewesener Höchststand und eine gewaltige Herausforderung für die sozialen Sicherungssysteme und die gesamte Gesellschaft. Die Politik steht der größten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg weitgehend machtlos gegenüber. Mit Konjunkturprogrammen, mit staatlichen Investitionen, mit Hilfen für stark bedrohte Betriebe kann vielleicht noch Schlimmeres verhindert werden. Aber vermeiden lassen sich der dramatische Rückgang der Wirtschaftsleistung und die steigende Arbeitslosigkeit nicht. Bislang ist es in Deutschland angesichts der einschneidenden Verschlechterungen bemerkenswert ruhig geblieben. Das ist vor allem ein Verdienst der Gewerkschaften, die noch vor ein paar Jahren von FDP-Chef Guido Westerwelle beschimpft wurden, sie seien die "wahre Plage" Deutschlands. Sie zeigen enormes Verantwortungsbewusstsein, wenn sie jetzt zustimmen, dass vereinbarte Lohnerhöhungen in der neuen Lage verschoben werden. Die Diskussion über soziale Unruhen, über Protestaktionen, die über friedliche Demonstrationen hinausgehen, findet bislang eher in Politikerrunden statt als bei denen, die Grund hätten, auf die Straße zu gehen und ihrer Wut freien Lauf zu lassen. Denn anders als frühere konjunkturelle Abschwünge ist die jetzige Krise nicht eine Folge der normalen Wellenbewegung in der wirtschaftlichen Entwicklung. Sie ist von Menschen gemacht, die in ihrer maßlosen Habgier immer aberwitzigere Geschäfte eingegangen sind, für die jetzt weltweit Millionen von Menschen mit dem Verlust ihrer Arbeitsplätze zahlen müssen. Dass die Krise in den beginnenden Bundestagswahlkampf fällt, macht die Bewältigung ihrer Folgen nicht leichter. Alle Parteien sollten sich vor Versprechungen hüten, die nicht einzuhalten sind. Das gilt für die Zusage von Steuersenkungen ebenso wie für Hilfen an notleidende Unternehmen, die gar nicht bezahlbar sind. Unter den finanziellen und wirtschaftlichen Folgen des konjunkturellen Einbruchs werden wir noch lange zu leiden haben. Hoffen wir, dass am 1. Mai wenigstens das Wetter schön ist.
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