Neue Westfälische (Bielefeld): Duisburger Katastrophe Eine Frage der Verantwortung THOMAS SEI
Bielefeld (ots)
19 junge Menschen sind tot. Technobegeisterte, lebensfrohe junge Menschen, die feiern wollten, die Musik liebten, die die Gemeinschaft Gleichgesinnter suchten. Für sie und ihre Angehörigen endete das Wochenende des Duisburger Liebeszuges in einer Katastrophe. Ihnen gilt am Tag danach das Mitgefühl und die Trauer der glücklich gesund Gebliebenen und auch das der entfernten Beobachter. Wer die Begeisterung der jungen Leute für dieses Fest selbst je kennengelernt hat, der weiß, wie widersinnig und unfassbar ein solches Ende gerade für dieses, in seiner gesamten Anlage so unschuldiges Fest ist. Um so stärker drängen nun die Fragen nach Ursache, vor allem aber nach der Verantwortung für die Katastrophe. War das Areal zu klein für eine solche Riesenveranstaltung mit weit über eine Million erwartbarer Besucher? Warum gab es nur einen Eingang zu diesem Fest? Warum sperrten Sicherheitsdienste und Polizei diesen Eingang? Warum konnten die Massen nicht vorher abgeleitet und vom sichtbar überfüllten Veranstaltungsort fern gehalten werden? Warum mussten überhaupt Zäune aufgestellt werden für dieses Fest, das doch eigentlich aus dem Gedanken der Freiheit und des ungezügelten Zugangs geboren wurde? Und weiter noch: Waren die Verantwortlichen und Veranstalter, die die Loveparade nach Duisburg steuerten vom Gedanken des gelingenden Feierns geprägt oder vor allem von der Aussicht auf ein lukratives Geschäft? Ist also genug Wert gelegt worden auf ein klares Sicherheitsmanagement im Sinne der Besucher? Haben die Vertreter der Ordnungsbehörden sorgfältig genug abgewogen, ob ihr Sicherheitskonzept, die Platzwahl und das Betreuungsmanagement stimmt? Oder haben sie Bedenken von Feuerwehr und Polizei zu leichtfertig beiseite geschoben, um des werblichen Effektes einer gelungenen Massenveranstaltung willen? Alle diese Fragen wird die Staatsanwaltschaft zu klären haben. Es ist gut, dass sie bereits damit begonnen hat. Die Loveparade ist seit gestern Geschichte. Es wird keine neue Veranstaltung in dieser Tradition geben. Und das ist gut so - auch wenn es eine gewisse Tragik hat, dass ausgerechnet diese auf friedliches Feiern ausgerichtete Veranstaltung gekippt wird. Mit den Geschehnissen vom Wochenende verbindet sich nun auch die Frage, ob solche Giganten-Veranstaltungen überhaupt sein müssen. Können wir wirklich dem "Höher-Schneller-Weiter" unserer Wettbewerbsgesellschaft in jeder Frage und unbegrenzt nachgeben? Die Antwort darauf ist untrennbar verbunden mit der Frage nach der Vorbereitung der Veranstalter. Es ist gerade gut eine Woche her, da ist den Organisatoren des "Still-Lebens" auf der Autobahn A 40 mit kluger und sorgfältiger Vorbereitung ein noch viel größeres Spektakel zu einer Mischung aus grandiosem Volksfest und kulturellem Großereignis gelungen. Das zeigt: Nicht die Größe einer Veranstaltung erweist sich als Problem, sondern die Fähigkeit der Organisatoren, diesmal der in Duisburg.
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