Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Griechenland muss sparen An der Kandare MARTIN KRAUSE
Bielefeld (ots)
Die griechischen Volksvertreter haben sich für einen grausamen Sparmarathon entschieden, aber eine freie Wahl war es nicht. Die europäischen Partner haben die Hand am Geldhahn, und weil die Rating-Agenturen längst den Daumen gesenkt hatten, wäre der Staatsbankrott die Alternative gewesen. Eine weitere parlamentarische Hürde muss in Athen noch genommen werden, dann sollen die Griechen den Gürtel noch enger schnallen. Das Prinzip ist schlicht: Seit Jahren hat der griechische Staat mehr Geld ausgegeben als eingenommen, das Staatsdefizit überschritt alle Jahre wieder die in der Eurozone erlaubten Werte. 2010 standen den Einnahmen von 90 Milliarden Euro Ausgaben von 114 Milliarden Euro gegenüber. Die Schuldenmacherei hat sich geläppert. Mit dieser Politik soll endlich Schluss sein, der Schuldenberg (350 Milliarden Euro) darf nicht mehr wachsen. Doch das ist leichter gesagt als getan, allein die Zinsen vertilgen zweistellige Milliardenbeträge. Den Griechen steht eine Tortur bevor. Im europäischen Maßstab sind die griechischen Schulden überschaubar, und wie sehr die Griechenkrise die Stabilität des Euros bedroht, ist mit Blick auf den festen Kurs zum Dollar zweifelhaft. Echte Gefahr aber besteht für die europäische Solidarität. Keiner will dem unsoliden Partner ständig ein Leben über seinen Verhältnissen finanzieren. Dies und die Furcht vor Dominoeffekten, die den Bankensektor oder die Staaten erfassen könnten, führte dazu, dass Griechenland an die Kandare genommen wurde. Das Land hat de facto einen Teil seiner Souveränität aufgegeben, um Teil der Eurozone zu bleiben. Sobald das griechische Abenteuer glimpflich überstanden ist, sollten neue Institutionen mit zentralen Aufgaben geschaffen werden. Der Versuch, eine gemeinsame Währung ohne gemeinsame Finanzpolitik aufrecht zu erhalten, ist gescheitert.
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