Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Gipfel beschließt Euro-Kompromiss Zufrieden, nicht mehr THOMAS SEIM
Bielefeld (ots)
Wir wollen mit den Ergebnissen des Euro-Gipfels von Brüssel zufrieden sein. Die Märkte reagieren erleichtert. Die Kurse an den Börsen steigen wieder. Die europäischen Staats- und Regierungschefs haben sich - wenn auch erst in einer langen Verhandlungsnacht - krisenfest und lösungsfähig gezeigt. Das alles ist gut. Es nährt die Hoffnung, dass nach den nicht enden wollenden Krisendebatten wieder Solidität und Seriosität das politische Handeln in Europa bestimmen. Man darf fast schon ein wenig optimistisch sein, dass nun auch der befürchtete Wachstumsdämpfer im kommenden Jahr vielleicht doch nicht so groß ist, wie uns die Wirtschaftswissenschaftler - die bei der Vorhersage der Krise übrigens bereits zweimal grandios danebenlagen - glauben machen wollen. Also: Mund abwischen, weitermachen, wie Ex-Vizekanzler Franz Müntefering sagen würde? Das wäre fatal. Wir haben in den vergangenen Monaten häufig genug einer orientierungslos wirkenden Politik gegenübergestanden. Man hat nie den Eindruck gewinnen können, dass unsere Exekutive unter Bundeskanzlerin Merkel das Regierungshandeln bestimmt. Statt dessen waren es diffuse Märkte. Auch jetzt bleibt als fader Nachgeschmack, dass nur der Schuldenerlass für ein Land uns vor einer Katastrophe bewahren konnte. Mancher Kleinschuldner, an den Rand der Existenz gebracht, fragt sich nicht ganz zu Unrecht, warum für ihn nicht gelten soll, was für den Schuldenstaat Griechenland gilt. Kurz: Wir sind in der Krise nicht gut regiert worden. Das wird auch nicht durch die zutreffenden Befunde relativiert, dass es eine unbekannt große Krisenherausforderung gab. Oder dadurch, dass Frankreich, Italien, Spanien schlechter dastehen. Als Fazit bleibt: Die Überwindung der Krise ist etwas wahrscheinlicher geworden. Damit wollen wir einstweilen zufrieden sein. Mehr nicht.
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