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Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Geschönter Armuts- und Reichtumsbericht Bittere Erkenntnis ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN

Bielefeld (ots)

Eigentlich ist der Armuts- und Reichtumsbericht dazu da, ein ungeschöntes Bild der sozialen Lage in diesem Land zu zeichnen. Und er hat auch die Funktion, Maßnahmen aufzuzeigen, mit denen Armutsrisiken bekämpft werden können. Es ist sicher nicht die Funktion des Armuts-. und Reichtumsberichts, die Verhältnisse schön zu färben. Und es kann auf gar keinen Fall die Aufgabe sein, Fakten zu unterdrücken. Dass etwa hierzulande über vier Millionen Menschen für einen Bruttolohn von unter sieben Euro arbeiten müssen, ist bedrückend genug. Es wird nicht dadurch besser, dass die Regierung diesen Umstand in der korrigierten Fassung unter den Tisch fallen lässt. Im Originalentwurf hatte Arbeitsministerin Ursula von der Leyen auch den Hinweis untergebracht, dass die Regierung eine Einigung zu einer "marktwirtschaftlich orientierten Lohnuntergrenze" suche. Das sieht das FDP-geführte Wirtschaftsministerium anders, weshalb es jetzt nur noch lapidar heißt, dass die Meinungsbildung zu Lohnuntergrenzen nicht abgeschlossen sei. Gerade die FDP hat offenbar ein Interesse daran, die Lage rosiger darzustellen als sie ist. Philipp Röslers Wirtschaftsressort verweist darauf, dass sich durch die gute Beschäftigungslage die Situation der unteren Einkommen verbessert habe und die Einkommensschere nicht mehr auseinandergehe. Eine Verbesserung ist wohl da. Doch diese fällt so leicht aus, dass sich der Vergleich zu homöopathischen Dosen aufdrängt. Die sozialen Unterschiede sind weiterhin groß. Und unverändert 14 Prozent der Bevölkerung sind von Armut bedroht, vor allem Alleinerziehende und Mehrkindfamilien. Deutschland profitiert zweifellos von der guten Konjunktur - aber das Land ist trotzdem nicht gerechter oder durchlässiger geworden. Diese bittere Erkenntnis kann auch der geschönte Bericht nicht leugnen.

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