Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Union entfernt sich von der FDP Vorbei mit den Nettigkeiten ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN
Bielefeld (ots)
Nach der Niedersachsen-Wahl beeindrucken die Eile und die Bestimmtheit, mit der sich die Union von der FDP absetzt. Oder anders gesagt: Niedersachsen war wohl das letzte Mal, dass CDU und CSU zur FDP nett gewesen sind. Das Trauma einer verkorksten Leihstimmendebatte, die in eine verlorene Wahl mündete, lässt die Union nach dem Motto verfahren: Rette sich, wer kann. Weg von den Liberalen. Das Ausmaß der Entfremdung zeigt sich gerade in Details: CDU-Umweltminister Altmaier will einen neuen Vorstoß beim Strompreis wagen, aber er hält es nicht einmal für nötig, FDP-Wirtschaftsminister Rösler darüber in Kenntnis zu setzen. Dass sich die Kommunikationskanone Altmaier im Verschweigen übt, spricht Bände. Man muss es nicht gleich so drastisch formulieren wie Ex-CDU-Generalsekretär Heiner Geißler, aber so falsch liegt er nicht: "Schwarz-Gelb ist ein totgerittenes Pferd." Es kann jedenfalls kein Zufall sein, dass viele führende CDU-Politiker auf einmal die Eigenständigkeit ihrer Partei betonen und bei jeder sich bietenden Gelegenheit Lohnuntergrenzen, mehr Bildung oder mehr Gerechtigkeit fordern. Die CDU würde wohl am liebsten sofort die Scheidung einreichen. Aber das ist risikoreich. Denn wer sich so stark vom Partner abgrenzt, stellt, ob gewollt oder ungewollt, die gesamte Beziehung in Frage. War Schwarz-Gelb vielleicht schon zu Beginn nichts anderes als ein großes Missverständnis? Und hängt das wirklich nur damit zusammen, dass die FDP nach elf Oppositionsjahren regierungsunfähig gewesen ist? Liegt die Wurstelei dieser Koalition nicht grundsätzlich an einem mangelnden Orientierungssinn? Auf jeden Fall verliert Angela Merkel gerade den einzigen Partner, der sich noch offen zur Union bekennt. Dass der Kanzlerin das viel ausmachte, ist nicht zu bemerken.
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