Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Studie zur Familienpolitik der Bundesregierung Unerwünschte Wahrheiten WOLFGANG MULKE
Bielefeld (ots)
Familienpolitik in Deutschland ist weitgehend erfolglos. Das geht aus einem Regierungsbericht hervor, dessen Ergebnisse nun durchgesickert sind. Es wäre Zeit zum Umdenken, doch die Chancen dazu stehen - besonders im Wahljahr - schlecht. Die Forscher haben die über 150 von der Bundesregierung aufgeführten Leistungen für Familien auf ihre Wirksamkeit hin überprüft. Es geht um etwa 200 Milliarden Euro im Jahr. Wird dieses Geld richtig eingesetzt und ließe sich mit weniger Aufwand an anderer Stelle mehr erreichen? Die Antwort will anscheinend niemand wirklich wissen. Denn es geht nur vordergründig darum, die Geburtenrate zu heben und Familien ein Auskommen und ein kinderfreundliches Umfeld zu verschaffen. Das sollte zwar der Maßstab sein, ist er aber nicht. Vielmehr orientiert sich die Politik vielfach an Wertvorstellungen, wenn sie eine Familienleistung auf den Weg bringt. Dadurch werden oft Lebensformen wie etwa die Ehe durch das Ehegattensplitting gefördert, auch wenn die Partnerschaft kinderlos bleibt. Im Zweifel wird aus ideologischen Gründen - wie beim Betreuungsgeld - lieber eine neue teure Spielart der Förderung eingeführt, statt erst einmal den ganzen Subventionskatalog zu überprüfen. Fachkreise sind längst einig über die zentralen Elemente: Für junge Familien, insbesondere junge Frauen, müssen Beruf und Familie besser vereinbar sein. Der Staat kann die Infrastruktur dafür schaffen. Kinderreichtum ist überdies ein Armutsrisiko, ebenso allein zu erziehen. Die Förderung sollte diese Risiken mindern und mehr Mut zur Familiengründung erzeugen. Andere Länder wie Schweden oder Frankreich machen vor, wie es besser gehen kann. Ehrlicherweise sollte die Wertedebatte vom Ziel einer höheren Geburtenrate getrennt werden. Aber das ist in allen politischen Lagern eine unerwünschte Wahrheit.
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