Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Deutschland und seine Skandale Neue Maßstäbe BERNHARD HÄNEL
Bielefeld (ots)
Wenn es um handfeste politische Skandale geht, ist Deutschland ziemlich unterentwickelt. Blickt man zurück in die Geschichte, fallen einem höchsten zwei bis drei Fälle ein, deren Bedeutung im internationalen Vergleich von Gewicht waren. Da ist zunächst der Fall des Hans Josef Maria Globke. Die "graue Eminenz" an der Seite von Altkanzler Konrad Adenauer steht nicht nur für die dunkelsten Seiten deutscher Geschichte, sondern ist ein Paradebeispiel für die personelle Kontinuität der Verwaltungseliten zwischen dem nationalsozialistischen Deutschland und der frühen Bundesrepublik. Die Verwendung des Mitautors der Nürnberger Rassegesetze als Chef des Bundeskanzleramtes gehört zu den dunklen Kapiteln der Republik. Als Skandal aber haben dies seinerzeit nur wenige empfunden. Jahre später war dies anders. Die Spiegel-Affäre ging für die Regierenden weniger glimpflich aus. Franz-Josef Strauß musste seinen Hut nehmen, als der außerparlamentarische Druck gestützt wurde durch parlamentarische Aktivitäten. Später folgte noch der Fall Helmut Kohl und seiner Spendenaffäre. Er schaffte es zur persona non grata und brauchte lange bis zu seiner innerparteilichen Rehabilitierung. Alle Politaffären danach waren vergleichsweise harmlos, reichten aber dennoch aus, dass Politiker ihren Hut nahmen. Letztlich ein Zeichen der Normalität. Die Bürger haben Maßstäbe entwickelt, an denen sie Politiker messen - siehe Christian Wulff.
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