Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Zwei Jahre "Arabellion" Geduld ist gefragt RALPH SCHULZE, MADRID
Bielefeld (ots)
Die Euphorie ist verschwunden, Ernüchterung macht sich breit. Zwei Jahre nach Beginn der Revolutionen in Ägypten, Libyen und Tunesien ist vom Freudentaumel der Menschen nicht mehr viel zu spüren. Vielmehr kommt zunehmend die Befürchtung auf, dass dem "arabischen Frühling" nicht der Aufbruch, sondern eine lange Zeit der politischen Unsicherheit folgen könnte. Die zweiten Jahrestage der "Arabellion" werden weniger mit Jubel, sondern mit Demonstrationen begangen. Politisches Chaos und eine instabile Sicherheitslage allerorten. Der demokratische Übergang stockt. Die von ihren Tyrannen befreiten Gesellschaften sind tief gespalten in säkulare und religiöse Lager. Die weit verbreitete Armut, welche eine zentrale Antriebsfeder des Umsturzes war, nahm leider bisher auch unter den neuen Machthabern nicht spürbar ab. Frustration heizt das Klima auf. Geht die Revolution jetzt nach hinten los? Steuert Nordafrika auf einen "arabischen Herbst" zu? Die heftigen gesellschaftlichen Debatten und Demonstrationen stehen dafür, dass sich doch etwas bewegt. Symbolisieren ein Stück Hoffnung. Weil sie ein Signal sind, dass viele Menschen die Träume von einer besseren Zukunft noch nicht beerdigt haben. Ob sich dabei am Ende tatsächlich Demokratie und Freiheit durchsetzen, werden vermutlich erst die nächsten Jah-re zeigen. Und natürlich muss sich auch Europa fragen, was es zum Erfolg der Reformen auf der anderen Seite des Mittelmeeres beitragen kann. Politische Entwicklungshilfe? Soziale Projekte? Wirtschaftliche Unterstützung? Ja, alles richtig, soweit es an Demokratie und Menschenrechte gebunden wird. Aber vor allem sollten die Europäer nicht, wie im Revolutionsüberschwang geschehen, zu viel erhoffen - erst recht keine schnellen Fortschritte -, sondern sich in Geduld üben.
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