Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Die Politiker und der Pferdefleischskandal Den Überblick verloren MATTHIAS BUNGEROTH
Bielefeld (ots)
Dass der sogenannte Pferdefleischskandal diesen Reflex der Fachminister hervorruft, danach hätte man die Uhr stellen können. Sie fordern härtere Strafen für Betrüger, die Nahrungsmittel unter falschem Etikett verkaufen. Wie hierdurch solche Fälle künftig vermeidbar sind, zeigt die Fallanalyse der hessischen Verbraucherministerin Lucia Puttrich. Sie stellte fest, dass man nicht wisse, welche Ausmaße der Pferdefleischskandal habe und was noch alles hinzukomme. Im Klartext: Die Verbraucherminister des Bundes und der Länder haben den Überblick verloren. Das verwundert auch nicht weiter. Zu weit verzweigt ist das Netz der industriellen Nahrungsmittelproduktion und -verteilung geworden. Nicht nur in Europa, sondern auch in der Welt. Wenn die Hersteller einer Ware nicht dazu gezwungen werden, die Herkunft der Bestandteile eines Produkts lückenlos zu dokumentieren, ist kriminelle Schummelei programmiert. Insofern steht das gesamte System der industriellen Lebensmittelproduktion und des angeschlossenen Handels auf dem Prüfstand. Doch dies zu offenbaren scheuen sich die Verbraucherminister. Schließlich haben sie bisher mehrheitlich Betrugsfälle immer als Einzelfälle abgetan. Immerhin geht NRW-Ressortchef Johannes Remmel so weit, das "gläserne Produkt" zu fordern. Wie das erreicht werden soll, bleibt allerdings offen. Schnelle, wohlfeile Antworten verbieten sich bei einem so komplexen Thema allerdings auch von selbst. Jetzt ist erst einmal die Zeit der intensiven Ursachenforschung. Was aber gar nicht geht, ist, den schwarzen Peter nun den Verbrauchern zuzuschieben, wie es Bayerns Gesundheitsminister Marcel Huber getan hat. Die Schnäppchenmentalität habe mit zu den Betrügereien beigetragen, sinnierte Huber. Wahr ist: Die Produzenten dürfen keine Ware auf den Markt bringen, die zu einem bestimmten Preis nicht mehr herstellbar ist.
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