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Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar SPD-Wahlprogramm Einseitig ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN

Bielefeld (ots)

Politik entwickelt sich selten nach einem Drehbuch. Die Realität hält sich an kein Wahlprogramm. Wer wüsste das besser als die SPD? Gerhard Schröder erfand 2003 ohne Blaupause die Agenda 2010, um Deutschland, den "kranken Mann Europas" mit über fünf Millionen Arbeitslosen, wieder flottzumachen. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück musste 2008 mit unkonventionellen Mitteln auf die brutalste Finanzkrise seit der Großen Depression reagieren. Wahlprogramme sind trotzdem wichtig, weniger als exakte Regieanweisung, sondern weil sich in ihnen eine Philosophie manifestiert. Im Entwurf zum SPD-Wahlprogramm 2013 steckt die etwas einseitige Idee, dass die Bundestagswahlen im Herbst anhand von Gerechtigkeitsfragen entschieden werden. Natürlich besitzt die SPD hier eine hohe Kompetenz: Mindestlohn, Ganztagsschulen, Entgeltgleichheit, Frauenquote, Solidarrente - alles wichtig und richtig. Die soziale Kompetenz ist für die SPD notwendig, aber nicht hinreichend. Wahlkämpfe gewinnen auch die Genossen nur dann, wenn sie gleichzeitig ökonomische Kompetenz vermitteln. Gerhard Schröder trat zum Beispiel 1998 mit der genialen Losung "Innovation und Gerechtigkeit" an. Wirtschaftlicher Sachverstand ist wesentlich, denn der Aufstieg des Einzelnen unabhängig von seiner Herkunft setzt auch eine dynamische, wettbewerbsfähige Wirtschaft voraus. Da ist in dem Entwurf noch viel Luft nach oben. Sicher muss die Steuerbasis verbreitert werden, um mehr Geld für die Bildung bereitzustellen. Aber gerade dem Mittelstand oder allgemein den Leistungsträgern sollte die SPD mehr bieten als die Aussicht auf Steuer- und Abgabenerhöhung. Wo bleiben die zündenden Ideen für die Wertschöpfung der Zukunft, für den Ausbau der Infrastruktur, für den richtigen Weg in der Energiewende? Da fehlt noch was.

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