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Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Überwachungsstaat USA Es geht um unsere Freiheit THOMAS SEIM

Bielefeld (ots)

In Artikel 1 des Grundgesetzes heißt es: "Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt." Zu dieser Würde gehört unverzichtbar das Recht auf die Unversehrtheit unserer Daten. Dies ist - wie wir jetzt durch die Enthüllungen des ehemaligen US-Geheimdienstlers Edward Snowden erfahren - durch die Überwachungsangriffe der Nationalen Sicherheitsagentur (NSA) der USA bedroht. Auf die Vereinigten Staaten von Amerika, dieses wunderbare Land als Hort der Freiheit, auf diesen Präsidenten vor allem, der nach dieser verheerenden Kriegsära Bush mit so viel Vorschusslorbeeren und mit so viel Hoffnung von Millionen auf mehr Frieden und mehr Freiheit ins Amt ging, blickt man heute mit einer Mischung aus Fassungslosigkeit und Entsetzen. Und jetzt lässt dieser Barack Obama sein "Yes we can" zu einem miesen "Yes we scan" verkommen. Natürlich gibt es ein Verständnis dafür, dass die USA nach den furchtbaren Anschlägen vom 11. September 2001 nach besonderem und perfektem allumfassendem Schutz suchen. Die Ermordung der Freiheit allerdings darf das gerade in diesem Land nicht einschließen. In unserem allerdings auch nicht. Man kann ganz zufrieden sein mit der parteiübergreifenden Reaktion auf das Vorgehen der NSA. Nicht zufriedengeben werden wir uns allerdings damit, sollte die fehlende Abwehr solcher Attacken auf unser Land mit Ahnungslosigkeit erklärt und nach Europa abgeschoben werden. Wir wollen gerade jetzt schon sehr genau wissen, was der Bundesnachrichtendienst, der Militärische Abschirmdienst und alle sonstigen Sicherheitsbehörden des Landes davon gewusst haben. Auch wüsste man gern, welche dieser Attacken diese Behörden selbst gegen unbescholtene Bürger anderer Länder unternehmen. Die jetzt durch weitgehendes Schweigen vorgetragene Ahnungslosigkeit mag man weder dem Innenminister Friedrich noch auch der Bundeskanzlerin wirklich abnehmen. Und wenn es Ahnungslosigkeit wäre - es machte die Sache eher schlimmer als besser. Schon immer ist von Personen, Institutionen und ganzen Staaten die Freiheit im Namen der Freiheit verraten worden. Dass nun der Geheimdienst eines bislang doch befreundeten Staates wie der Weltmacht USA freimütig festlegt, dass Deutschland als Partner dritter Klasse behandelt werden muss, dass man ihn als Freund und Gegner zugleich ausspionieren darf, politisch wie wirtschaftlich - das allerdings verleiht dem Ganzen eine neue Qualität. Von Bundeskanzlerin Merkel wird man dazu ein hartes und entschiedenes Wort in Richtung USA und insbesondere US-Präsident Barack Obama erwarten dürfen, nein: müssen. Abwarten reicht hier nicht. Schon gar nicht mit Blick auf den bevorstehenden Wahlkampf, wie die Attacken von SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück und SPD-Chef Gabriel zeigen. Eine Verlagerung auf die europäische Ebene, bei der ja dann das nicht bessere Großbritannien wohl mit am Tisch säße, ebenfalls nicht. Nein, die Kanzlerin muss hier eine Verbindung herstellen zwischen dem Freihandelsabkommen, das die USA mit Europa wünschen, und einer rückhaltlosen Aufklärung der Affäre, verbunden mit einem sofortigen Stopp aller NSA-Aktivitäten gegen und in Deutschland. Sie scheint dies, wie die Reaktionen auf Gabriel zeigen, verstanden zu haben. Worte allein aber werden nicht genügen. Damit deutlich wird, wie entschieden die deutsche Regierung die Freiheit auch gegen die USA verteidigt, könnte man dem Enthüller Edward Snowden, den die US-Spionagebehörden jagen, politisches Asyl anbieten. Oder zumindest erklären, dass das eine Option sein kann. Das wäre ein Signal, dass die Amerikaner schon verstehen würden. Liebe Leserinnen, liebe Leser, wir werden bei allen Mandatsträgern aus Ostwestfalen-Lippe und darüber hinaus genau darauf achten, dass sie für Sicherheit unserer Daten und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eintreten. Es geht hier um unsere Freiheit. Unsere innere und äußere Freiheit. Um Pressefreiheit auch. Aber vor allem um die Freiheit jedes Einzelnen, auch jener, die von sich sagen, sie hätten nichts zu verbergen. Diese Zeitung und ihre Redaktion werden dafür einstehen, diese Freiheit gegen alle Angriffe von außen zu verteidigen.

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