Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Streit über Ermittlungen zu BayernLB Die Großen lässt man laufen RALF MÜLLER, MÜNCHEN
Bielefeld (ots)
Die Justiz ist eine rechte Wundertüte für die bayerische Politik. Kaum hat sich ein Gericht dazu durchgerungen, das juristische Trauerspiel um den Psychiatriepatienten Gustl Mollath wenigstens vorläufig zu beenden, da schafft es ein anderes Gericht, mit einem einzigen Satz ein Thema wieder auf die politische Tagesordnung zu bringen, von dem die CSU gehofft hatte, dass nun endlich ein bisschen Gras darüber gewachsen wäre: ihre total verunglückte Landesbankpolitik vor 2008. Die entscheidenden Vokabeln lauten "nicht nachvollziehbar",und sie stehen in einem Beschluss der Sechsten Strafkammer des Landgerichts München. "Nicht nachvollziehbar" ist für die Richter nämlich, dass ehemalige Bankmanager wegen Untreue angeklagt werden sollen, nicht aber die Verwaltungsratsmitglieder, darunter zahlreiche politische Schwergewichte - allesamt Mitglieder der CSU. Die Richter haben mehr als zwei Jahre über den Fall nachgedacht, ehe sie zu dieser Formulierung griffen. Es handelt sich daher wohl kaum um einen verbalen Ausrutscher. Die Formulierung hat das Zeug, Karriere in den verbleibenden fünf Wochen bis zur bayerischen Landtagswahl zu machen, denn sie ist Wasser auf die Mühlen der Opposition. Da ist es wieder: das Gespenst des schwarzen Filzes, das CSU-Chef Horst Seehofer mit aller Macht zu verscheuchen suchte. Sollten die Mächtigen etwa geschont werden? Diese Vermutung spricht mehr als deutlich aus der Formulierung des Gerichts - daran ändern auch die ungewöhnlich heftigen Gegendarstellungen der Staatsanwaltschaft nichts. Ob das Thema die Wähler noch so aufregt, dass sie ihr Wahlverhalten ändern, darf allerdings bezweifelt werden. Denn in deren Wahlentscheidung ist bereits "eingepreist",dass man die Großen laufenlässt.
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