Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Schwarz-rote Koalitionsverhandlungen Vorsichtiger Optimismus ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN
Bielefeld (ots)
Gewiss, zur Euphorie besteht kein Anlass. CDU, CSU und SPD stehen noch lange Koalitionsverhandlungen bevor. Und da steckt der Teufel im Detail. Doch der gestrige Tag erlaubte immerhin vorsichtigen Optimismus. Auf allen Seiten scheint es Lernfortschritte zu geben. Wenn jetzt noch das gemeine SPD-Mitglied an der Basis die eigene grummelnde Befindlichkeit überwindet, könnte aus der dritten Großen Koalition noch etwas richtig Vernünftiges werden. CDU und CSU haben verstanden, dass sie die Bundestagswahlen zwar haushoch gewonnen haben, aber trotzdem auf die SPD zugehen müssen. Denn die Zeit für Schwarz-Grün im Bund ist noch nicht reif. Und bei Neuwahlen würde vermutlich die AfD in den Bundestag gelangen, was die Suche nach einer tragfähigen Bundesregierung keinen Deut leichter machen würde. Der Mindestlohn findet zudem seit langem schon Anhänger in CDU und CSU. Ein Entgegenkommen auf diesem Feld macht Sinn. In der SPD scheint sich die Erkenntnis durchzusetzen, dass man diese Wahl nicht gewonnen hat. Und dass der eigene Bedeutungsverlust, wie übrigens schon 2009, keineswegs hauptsächlich an Angela Merkel oder der Union liegt. Für die Sozialdemokraten bietet sich nun die Chance, an der umkämpften Mindestlohn-Front für eine dauerhafte Befriedung zu sorgen. Soll diese Gelegenheit ungenutzt verstreichen, weil man gerade keine Lust hat aufs Regieren? Es ist nicht falsch, dass eine mögliche Große Koalition einige Leerstellen in der Sozialpolitik, die Schwarz-Gelb hinterlassen hat, beseitigen möchte. Aber der Wirtschaftsstandort Deutschland darf trotzdem nicht leiden. Deshalb ist es richtig, dass die Union darauf beharrt, die Aufgaben ohne Steuer-Erhöhungen stemmen zu wollen. Jetzt muss nur noch die Basis der SPD Ja sagen -zunächst beim Konvent am Sonntag.
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