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Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Schwarz-Grün in Hessen Zeitenwende ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN

Bielefeld (ots)

Dass nun gerade Hessen wieder einmal den Boden für eine politische Zeitenwende bereiten könnte, mag auf den ersten Blick merkwürdig aussehen. Denn hier waren die politischen Gräben immer besonders tief. Erinnert sei an den SPD-Ministerpräsidenten Holger Börner, der einst den Grünen Dresche mit der Dachlatte androhte. Doch es war genau dieser Börner, der dann 1985 mit den Grünen die erste rot-grüne Koalition auf Länderebene einging. Und auch CDU-Ministerpräsident Volker Bouffier galt ursprünglich als konservativer Betonkopf. Doch zum einen gibt es in Hessen bereits schwarz-grüne Bündnisse, die funktionieren, etwa in der Stadt Frankfurt, und zum anderen existieren für CDU und Grüne übergeordnete Gesichtspunkte für ihr Experiment. Die Union braucht im Bund einen neuen Koalitionspartner. Denn niemand weiß, ob sich die FDP von ihrem Absturz jemals wieder erholen wird. Und die Grünen wollen sich aus der Umklammerung durch die SPD lösen. Denn die Schwäche der SPD macht rot-grüne Zweierkoalitionen im Bund unrealistisch. Natürlich gibt es keine Garantie dafür, dass es klappt. Erinnert sei an das schwarz-grüne Bündnis in Hamburg, das vor drei Jahren krachend scheiterte. Aber das Bündnis in Hessen scheint besser vorbereitet, als es in Hamburg jemals der Fall war. Dass bereits jetzt im Stillen ein Kompromiss zum Ausbau des Frankfurter Flughafens gezimmert wurde, spricht für klugen Pragmatismus auf beiden Seiten. Für die SPD sind das alles keine guten Nachrichten. Wenn es in dem wirtschaftlich starken Flächenland Hessen mit Schwarz-Grün klappt, könnte ein solches Bündnis 2017 zum Modell für den Bund werden. Die SPD hat zwar gerade angekündigt, sich für Rot-Rot-Grün im Bund locker machen zu wollen. Aber ob die Linke im Bund jemals regierungsfähig wird, ist mehr als ungewiss. Die Parteienlandschaft ist in Bewegung. Wichtiger als ideologische Gewissheiten sind nun Realitätssinn und Kompromissfähigkeit. Wer jetzt als Partei meint, auf die Chance zum Regieren verzichten zu können, und sich lieber auf die Oppositionsbank flüchtet, könnte für lange Zeit vor der Gestaltung ausgeschlossen bleiben.

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