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Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Urteil zum Elternunterhalt Rabenvaters Lohn WOLFGANG MULKE, BERLIN

Bielefeld (ots)

Der Bundesgerichtshof hat eine zunächst schwer verdauliche Entscheidung getroffen. Erwachsene Kinder müssen für ihre Rabenväter oder -mütter auch dann die Heimkosten im Alter mittragen, wenn sie schon vor Jahrzehnten von ihnen verlassen wurden. Da fühlt man mit dem Kläger, der dies verweigern wollte und jetzt einige Tausend Euro an das Sozialamt überweisen muss. Dieser Richterspruch erscheint ungerecht, ist es aber nicht. Der Vater hat sich zwar nicht so verhalten, wie man es von einem liebenden Familien-oberhaupt erwarten könnte. Darf er da trotzdem noch Dank-barkeit im Sinne von Unterhalt erwarten? Menschlich wohl nicht, juristisch schon. Denn der Vater hat ja auch in diesem Falle eine erhebliche Vorleistung erbracht und den Sohn erst einmal - wie fürsorglich, weiß man naturgemäß nicht - großgezogen. Er hat sich damit seiner Verantwortung gestellt und vermutlich auch finanziell einiges dafür aufgewandt. Auch wenn es zwischenzeitlich ein Zerwürfnis gab, bleibt das Kind damit auch in der Verantwortung, wenn sich der Fürsorgebedarf umkehrt. Ganz anders liegt der Fall, wenn ein Elternteil erst sein Kind nachhaltig schädigt, zum Beispiel durch Misshandlung oder Vernachlässigung in frühen Lebensjahren. Dann ist die späte Forderung nach Unterhalt nicht mehr zu rechtfertigen. Und so sieht es auch die Rechtsprechung. Die Entscheidung des BGH ist damit gut vertretbar. Ob die geltende Rechtslage aber auch zukünftig tragfähig ist, steht auf einem anderen Blatt. Die traditionell langandauernde familiäre Bindung zwischen den Eltern und zwischen Eltern und Kindern hat sich teilweise aufgelöst. Viele Paare trennen sich wieder, die Partner gehen neue Beziehungen ein, und es gibt Ersatzpapas und -mamas. Wer hat nun Anspruch auf gegenseitigen Beistand? Der Erzeuger oder der Erzieher? Mit den alten Losungen zu familiären Pflichten kommt man da nicht mehr weiter. Vermutlich wird sich der Gesetzgeber dazu bald eine Lösung einfallen lassen müssen.

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