Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Protestanten und Katholiken vor dem Lutherjahr 2017 Nicht Gegner, sondern Verbündete Lothar Schmalen
Bielefeld (ots)
Martin Luther, der Augustinermönch, der mit seinen berühmten 95 Wittenberger Thesen von 1517 Weltgeschichte schrieb, ist sicher eine der ganz großen Gestalten der Deutschen. Dennoch waren Jahrhundertfeiern zum Reformationstag vor allem in Deutschland in früheren Zeiten stets Anlass zur gegenseitigen Abgrenzung. Protestanten und Katholiken zelebrierten förmlich ihre unterschiedliche Sicht auf die Kirchengeschichte und natürlich auf die Kirchenspaltung im 16. Jahrhundert. Doch es geht auch anders: Zumindest die Spitzen der beiden großen christlichen Kirchen haben sich vorgenommen, bei den 500-Jahr-Feiern, die für 2017 ins Haus stehen, nicht das Trennende, sondern das Verbindende zu betonen. Besonders wichtige Elemente des Lutherjahrs wollen die Kirchen gemeinsam begehen. Gemeinsame Gottesdienste, gemeinsame Tagungen und gemeinsame Pilgerreisen sollen auch nach außen zeigen, dass protestantische und katholische Christen heute keine Gegner mehr, sondern längst Verbündete sind. Es waren bemerkenswerte Sätze, die die wichtigsten Vertreter der beiden Kirchen in Deutschland, der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, und der EKD-Vorsitzende, Heinrich Bedford-Strohm, jetzt ausgetauscht haben. Die protestantischen Christen wollen Buße tun, weil sie die katholische Kirche zu oft abgewertet hätten, sagt der oberste Protestant. Und der oberste Katholik steht ihm in nichts nach: Die katholischen Christen wüssten viel zu wenig über die Bedeutung des großen Reformators Martin Luther. In Wirklichkeit bringen die beiden Kirchenoberen nur zum Ausdruck, was in weiten Teilen der christlichen Basis, in vielen protestantischen Kirchengemeinden und katholischen Pfarrgemeinden, längst Alltag ist. Protestanten und Katholiken beten zusammen, feiern gemeinsam Gottesdienst und tun gemeinsam Gutes (beispielsweise für Flüchtlinge). Die praktische Ökumene unten ist eben viel weiter als die theologische Ökumene oben.
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