Neue Westfälische (Bielefeld): Entlassung des Generalbundesanwalts Logischer Schritt THOMAS SEIM
Bielefeld (ots)
Vor vier Tagen ist hier der Rücktritt des Generalbundesanwalts gefordert worden. Harald Range ist nicht mehr im Amt. Ein logischer Schritt. Man könnte zufrieden sein. Wir Journalisten sind es aber nicht. Dafür gibt es Gründe: Zunächst ist Harald Range nicht zurückgetreten. Er hat sich nur darin gefallen, politische Einflussnahme zu beklagen. Das belegt allerdings, dass Range für dieses Amt völlig ungeeignet war, denn: Range war ein politischer Beamter. Zum Wesen des politischen Beamtentums gehört es, dass sie an Weisungen gebunden werden können. Sind diese Weisungen für Amtsinhaber inakzeptabel, können sie entlassen werden oder um Entlassung bitten. Das alles hätte der Jurist Range wissen müssen. Vermutlich weiß er es auch. So wie er sicher gewusst hat, dass er im Falle eines Rücktritts seine Pensionsansprüche riskiert hätte, die ihm eine Entlassung indes sichert. Man fühlt sich ein wenig an die peinlichen Auftritte eines Duisburger Oberbürgermeisters namens Adolf Sauerland erinnert, der aus Furcht vor diesem Verlust ebenfalls die politische Verantwortung floh. Vollends peinlich wird der Versuch einer Flucht nach vorn durch Ranges Angriff auf den Justizminister. Der habe, behauptet er, "unerträglich" in die Unabhängigkeit der Justiz eingegriffen. Das ist Unsinn, weil Range in seiner Funktion als Generalbundesanwalt ein Mitglied der polizeilichen Ermittlungsbehörde, also der Exekutive ist. Recht spricht er nicht. Das war es ja, was die Affäre richtig zum Kochen brachte, dass Ermittlungsbehörden und Staatsschützer versuchten, die Verfassung auszuhebeln, Exekutivgewalt und Rechtsprechung zu benutzen, um die Pressefreiheit zur Disposition zu stellen. Range hat die Verfassung gebrochen. Es scheint außerdem so, als habe der oberste Verfassungsschützer Hans-Georg Maaßen Verfassungsrecht mindestens gebeugt. Range indes kann von Glück sagen, dass er politischer Beamter war. Mit diesem Status reicht eine Entlassung für seinen Verfassungsbruch. Maaßen ist noch im Amt. Und für die Journalisten hätte das Ganze mit einer Anklage wegen Hochverrats und jahrelanger Gefängnishaft enden können. Es bleibt ein enormer politischer Schaden für die demokratische Kultur dieses Landes. Man darf annehmen, dass Justizminister Maas Ranges Entlassung mit der Kanzlerin und dem betroffenen Kabinett abgestimmt hat. Insofern wird es vermutlich keine weiteren Folgen geben. Aber man kann nicht zufrieden sein, denn der Keim des Misstrauens ist neu aufgegangen. Im digitalen Zeitalter gilt für Demokraten mehr als je zuvor: Wachsam bleiben! Das hat diese Staatsaffäre erneut klargemacht.
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