Neue Westfälische (Bielefeld): CDU-Parteitag Merkel zu sozialdemokratisch Carsten Heil
Bielefeld (ots)
Merkels Rede auf dem Parteitag der CDU in Essen war extrem stark - ihr Ergebnis bei der Wiederwahl zur Parteivorsitzenden extrem schlecht. Das zeigt wie aufgewühlt und verunsichert die CDU-Mitglieder in Deutschland sind. Denn es ist geradezu dumm, der Spitzenkandidatin im Jahr vor der Bundestagswahl einen solchen Denkzettel zu verpassen, ja fast eine Niederlage beizubringen. Selten hatte die Kanzlervorsitzende eine so facettenreiche Rede gehalten. Doch sie sprach weniger als kämpferische Parteivorsitzende, sondern als Regierungschefin. Sie hat politische Verantwortung übernommen, keine unerfüllbaren Versprechen gemacht und hat Klartext geredet. Und - besonders selten bei ihr - sie wurde persönlich und hat die Delegierten, hat ihre Partei eindringlich um Hilfe bei ihrem bevorstehenden schweren Gang in den Wahlkampf gebeten. Es ist nicht ausgemacht, dass dieser Gang im Kanzleramt endet. Er kann auch das Ende ihrer großen Polit-Karriere werden. Doch so weit ist es nicht. Merkel hat in Essen alle Register gezogen, hat an das "christliche" als CDU-Gründungsimpuls erinnert, bei dem jeder Mensch gleich wertvoll sei. Sie hat die soziale Marktwirtschaft als Fundament beschworen, an deutsche und europäische Solidarität appelliert, hat versucht, die CSU mit einzubeziehen, hat Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft angesprochen. Mehr geht nicht. Aber vielleicht wurde ihr neben der in der anschließenden Aussprache häufig kritisierten Flüchtlingspolitik auch ein zu sozialdemokratischer Hang in der Rede zum Verhängnis. Man habe die Arbeitslosenzahlen von 5 Millionen auf 2,5 Millionen halbiert. Da zeige sich, dass Politik wirkt, so Merkel. Das aber war Erfolg des SPD-Kanzlers Gerhard Schröder, auch wenn dessen Partei das heute nicht so wahr haben will. Dann sprach Merkel davon, dass die Digitalisierung große Chancen biete, aber auch arbeitsrechtlich eingebettet werden müsse. Mit gleicher Botschaft tritt NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) seit knapp zwei Jahren auf. Und dann sprach Merkel von zwei "Haltelinien" in der Rente. Das ist von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) geliehen. Von einer Obergrenze bei den Flüchtlingen sprach sie nicht. Kurz: Das wirklich Konservative fehlte in Merkels Rede. Und sie hat kein Rezept gegen die AfD, nur ein paar Randbemerkungen, die zwar auf Beifall stießen. Darüber sorgen sich viele in der CDU.
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