Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Personalwechsel bei der CSU Seehofer, kein Mann mit Zukunft Rasmus Buchsteiner, Berlin
Bielefeld (ots)
Halb zog man ihn, halb sank er hin. Horst Seehofer ist nun ein geschrumpfter Riese in der Welt der CSU. Im Frühjahr hatte er seine ursprüngliche Rückzugsankündigung für das Jahr 2018 wieder leise einkassiert - und seine möglichen Erben gegeneinander ausgespielt. Es gab kaum Widerspruch oder Murren, die Partei folgte ihm. Doch nach dem CSU-Debakel bei der Bundestagswahl wuchs erneut die Unruhe: Seehofer, der 2013 die absolute Mehrheit in Bayern zurückerobert hatte, wird die Wiederholung dieses Erfolgs nicht zugetraut. Hätte er jetzt im Freistaat den Weg nicht frei gemacht für seinen Erzrivalen Markus Söder, der im Frühjahr in die Münchener Staatskanzlei einziehen soll - die Christsozialen wären noch tiefer ins Chaos gestürzt. Etwas, woran viele Spitzenpolitiker scheitern, ist auch Seehofer nicht gelungen: den Zeitpunkt zu finden für einen würdigen Abschied aus der ersten Reihe. Ohne die Politik kann er nicht. Auf das Ministerpräsidentenamt in Bayern verzichtet er nun nicht etwa freiwillig, sondern weil ihn seine Leute ultimativ dazu gezwungen haben. Den CSU-Vorsitz indessen will Seehofer nicht hergeben. Das Amt bietet ihm eine Möglichkeit, das Ende seiner politischen Laufbahn hinauszuzögern. Doch was genau will Seehofer mit der gewonnen Zeit anfangen? Will er nach Berlin gehen? Sich einen Kabinettsposten geben lassen, etwa das Sozialministerium, in dem er einst als Staatssekretär unter Norbert Blüm angefangen hatte? Auch wenn CSU-Granden, die bei den Jamaika-Sondierungen dabei waren, Seehofer eine hervorragend sachkundige Verhandlungsführung bescheinigen: Sein bundespolitisches Comeback wäre verbunden mit einem massiven Autoritätsverlust. Er hätte sich der Kabinettsdisziplin unterzuordnen, wäre einer unter vielen. Seehofer ist kein Mann mit Zukunft. Um erfolgreich zu sein, braucht eine Partei wie die CSU ein Machtzentrum, nicht zwei. Dass er und sein Rivale Söder, die sich einander zuletzt nur der "Schmutzelei" bezichtigt haben, plötzlich als "Dream-Team" funktionieren, ist mehr als unwahrscheinlich. Abgesehen davon: Die CSU hat in der Vergangenheit mit Doppelspitzen keine besonders guten Erfahrungen gemacht. Von Aufbruchstimmung ist in München keine Spur. Die Nervosität der Christsozialen mit Blick auf die Landtagswahl 2018 wird in nächster Zeit eher zu- als abnehmen. Für die Berliner Bühne bedeutet das: Die CSU wird noch unberechenbarer und rauflustiger auftreten, als sie es in den vergangenen Jahren ohnehin getan hat.
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