Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Richtungskämpfe in der Politik Alle Parteien schlingern Martin Fröhlich
Bielefeld (ots)
Angela Merkel tut, was sie schon oft getan hat: Mitten in der großen Krise versammelt sie die Partei wieder hinter sich. Irgendwie gelingt ihr dieses Kunststück - ohne dass sie allzu viel Neues in ihren Reden verkündet. Ihre Kabinettskandidaten hat sie vorgestellt. Auf den ersten Blick scheint sie damit mehrere Flügel der CDU beglückt zu haben. Nun muss nur die GroKo noch zustande kommen. Doch mitten in die etwas heilere Merkel-Welt platzt eine Mitteilung des NRW-Ministerpräsidenten. Armin Laschet erteilt der Forderung nach einem Ruck hin zum Konservativismus eine klare Absage. Der Kurs der CDU sei der Kurs der Mitte, verkündet der Landesvater. Er bricht damit einen Richtungskampf wieder auf, den die Kanzlerin wohl am liebsten zu den Akten legen würde. Man kann darüber grübeln, warum Laschet die Aussage zu diesem Zeitpunkt trifft. Bereitet ihm die Ernennung des konservativen Jens Spahn zum Minister Sorgen? Will er der in die Kritik geratenen Kanzlerin beispringen? Was der CDU da widerfährt, spiegelt jedoch die gesamte Parteienlandschaft in Deutschland wider. Nicht nur die Christdemokraten schlingern bei der Kursfrage erheblich. Auch die anderen Akteure tun sich schwer und immer schwerer mit der Frage, für welche Politik sie stehen. Sprich: Warum man sie wählen soll. Die SPD ist schier gespalten bei der Frage, ob sie wieder linke Politik machen will oder in der völlig überfüllten politischen Mitte verharren will. Die Grünen erleben Ähnliches: Auch sie haben zuletzt vor allem in der bürgerlichen Mitte gepunktet. Doch wie gesagt, da ist es ziemlich voll. Müssen nun Umweltthemen wieder mehr in den Fokus? Hier streiten "Realos" und "Fundis". Die FDP diskutiert darüber, ob sie eine Partei für woanders nicht mehr heimische, konservative Wähler oder für ein eher liberales, wirtschaftsorientiertes Klientel sein will. Die Linken schwanken dauerhaft zwischen Regierungsanspruch in den Ländern und Protestprinzip im Bund. Wie fundamental darf ihre Kritik am Gesellschaftssystem sein? Und auch die AfD, so sehr sie sich von den etablierten Parteien unterscheidet, trägt einen Richtungskampf aus - den gefährlichsten von allen. Denn hier besteht eine Flanke aus rechtsextremer Politik. Diskurs und Debatte gehören zu den Kernideen der Demokratie. Doch spätestens am Wahltag muss für potenzielle Wähler erkennbar sein, für welche Politik sie mit ihrem Kreuzchen stimmen. Und da haben Deutschlands Parteien derzeit noch viel zu tun. Vielleicht ist doch mehr Mut zu einer klaren Richtung gefragt und weniger Angst davor, Teile des breiten Publikums zu verschrecken.
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