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Neue Westfälische (Bielefeld): Debatte um Michael Jackson Raus aus dem Radio Carsten Heil

Bielefeld (ots)

Menschen wollen klare Urteile und sie urteilen flott. In vielen Fällen sind Urteile nicht leicht zu fällen, weshalb Meinungen schnell zu Urteilen werden. Die Grenzen verwischen. Es gilt aktuell darüber zu befinden, ob ein Werk, eine herausragende Leistung bei der Beurteilung des Schöpfers von dessen Missetaten zu trennen ist. Genauer: Sollte die Musik von Michael Jackson weiter im Radio gespielt und von Fans gehört werden dürfen oder nicht? Denn: In einer neuen Dokumentation berichten zwei Männer, dass sie als Kinder über Jahre hinweg vom "King of Pop" sexuell missbraucht worden sind. Neu sind diese Vorwürfe nicht. Schon vor vielen Jahren (2005) stand Jackson deshalb vor Gericht. Einmal wurde er freigesprochen, in einem anderen Fall zahlte er 20 Millionen Dollar Schweigegeld. Er gilt juristisch damit als nicht überführt, als nicht verurteilt. Man könnte also fragen: Wo ist das Problem? Und antworten: Sein Werk ist so einzigartig, dass es weiter genossen werden kann. Die neue Doku schafft keine neuen juristischen Tatsachen. Allerdings neue Hinweise und das immense Schweigegeld macht ihn mehr als verdächtig. Jackson ist 2009 gestorben. Deckel zu, weitermachen. Doch so einfach ist es nicht. Erstens handelt es sich nicht um eine Kleinigkeit, sondern um eine der übelsten Straftaten. Zweitens werden andere Menschen anders beurteilt als Jackson. Der Schauspieler und Regisseur Kevin Spacey zum Beispiel wurde umgehend nach Lautwerden ähnlicher Vorwürfe aus Filmen herausgeschnitten, seinen Job als Schauspieler hat er verloren. Er wird geächtet. Er ist beruflich am Ende, obwohl auch er bisher juristisch nicht verurteilt worden ist. Ist seine Leistung nicht groß genug, um wie bei Jackson über das Verbrechen (ob es nun geschehen ist oder nicht) hinwegzusehen? Es gäbe weitere Beispiele. Da wird mit unterschiedlichem Maß gemessen. Szenenwechsel: Einem katholischen Priester, hervorragender Seelsorger, Gemeindehirt und Prediger, wird öffentlich vorgeworfen, Kinder sexuell missbraucht zu haben. Es gäbe einen Aufschrei, dass er sofort kaltzustellen sei. Auch ohne Gerichtsurteil. Nur weil seine Leistung nicht so viele Fans hat und die Kirche gerade nicht so angesagt ist wie Michael Jackson auch zehn Jahre nach seinem Tod? Mit Michael Jacksons Musik werden allerdings nach wie vor zig Millionen verdient. Entsprechend ist es Heuchelei, wenn Jacksons Hits weiter gespielt werden als sei nichts geschehen. Folglich: Jackson-Songs ächten. Das ist kein Urteil, sondern eine Meinung.

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