Neue Westfälische (Bielefeld): Pleite des Reiseveranstalters Thomas Cook Der Urlaub ist nicht sicher Stefan Schelp
Bielefeld (ots)
Wir erinnern uns: Damals, im Herbst 2008, auf dem Höhepunkt der Finanzkrise, stellten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und Peer Steinbrück im Kanzleramt hin und verkündeten: Die Sparbücher sind sicher. Mal davon abgesehen, dass eine ähnliche Aktion für Urlauber ohnehin undenkbar wäre, und ebenfalls abgesehen davon, dass die deutsche Tochter von Thomas Cook nicht Insolvenz angemeldet hat - die Politik könnte sich nicht guten Gewissens hinstellen und erklären: Der Urlaub ist sicher. Denn das ist er nicht. Seit 1994 gilt die Deckelung der Kundengeldabsicherung von 110 Millionen Euro - damals noch 200 Millionen D-Mark. Will sagen: seit 25 Jahren steht eine unveränderte Summe im Gesetz. Gänzlich unberührt von Inflation, Reisegewohnheiten und Fusionen der Reisekonzerne zu Riesenunternehmen. Das ist geradezu eine unglaubliche Vorstellung. Noch abstruser wird die Geschichte, weil dieser Fakt nicht etwa "durchgerutscht" ist. Vielmehr betonen die Verbraucherschützer und der Verband der unabhängigen Reisebüros, sie hätten die Politik - sogar mit Blick auf Thomas Cook - auf die Lücke hingewiesen. Die Verantwortlichen sind dennoch offenbar nicht vorbereitet. Stattdessen heißt es, es sei noch zu früh, um weitere Schlüsse zu ziehen. Viel Erfolg all jenen, die versuchen sollten, diese Botschaft an gestrandete Urlauber zu vermitteln. Dass die Zahl der Versicherer überschaubar ist, die bereit und in der Lage sind, für Summen jenseits von 110 Millionen Euro gerade zu stehen, ist kein Gegenargument. Auch diesem Fehler im System sollte beizukommen sein - wenn man denn will. Gut möglich, dass Reisen dadurch teurer wird. Die Veranstalter würden die höheren Versicherungsprämien sicherlich an die Kunden weitergeben. Aber dieses Geld wäre gut angelegt. Denn wer mag sich schon gern vorstellen, dass ihm der heiß ersehnte Traumurlaub mal eben so um die Ohren fliegt, weil der Reiseveranstalter in die Knie gegangen ist. Möglicherweise gerät die Bundesregierung durch den Kollaps von Thomas Cook nun tatsächlich in Zugzwang. Dann hätte die Pleite des britischen Mutterkonzerns zumindest einen positiven Aspekt.
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