Der schmale Grat zwischen Zuwendung und Verzärteln
Kinder müssen sich von ihren Eltern lösen und eigene Erfahrungen machen
Hamburg (ots)
Kinder brauchen Liebe - doch zwischen Zuwendung und Verzärteln ist oft nur ein schmaler Grat. Gerade die Intensität der Verbindung zwischen Eltern und Kind mache es den Erwachsenen nicht immer leicht, das rechte Augenmaß zu behalten, sagt die Celler Familien-Therapeutin Kristin von Kleist in der neuesten Ausgabe der Hamburger Frauenzeitschrift "Für Sie". Eine für das Kind schädliche Überbehütung beginne immer dort, "wo ein Kind davon abgehalten wird, altersgemäße Erfahrungen machen zu dürfen". Oftmals schössen Eltern in ihrem Bemühen, nur das Beste für ihr Kind zu tun, einfach über das Ziel hinaus. Zum Schaden des Kindes.
Insbesondere Mütter sind nach Ansicht der Hamburger Diplom-Psychologin Dr. Angelika Faas manchmal versucht, ihre Kinder in einem Schonraum aufwachsen zu lassen. "Kinder eigene Wege gehen zu lassen, macht Müttern nicht selten ein schlechtes Gewissen." Dass es vielen Müttern schwer falle, ihre Töchter und Söhne von der Leine zu lassen, habe aber auch noch einen anderen Grund. Angelika Faas: "Was wir lieben, wollen wir festhalten." Jeder Schritt eines Kindes in die Selbständigkeit sei schließlich auch ein Schritt weg von der Mutter, die sich dadurch jedoch weniger gebraucht fühle.
Dabei seien "übermutterte Kinder" genauso arm dran wie vernachlässigte Kinder, sagt auch der Hamburger Erziehungswissenschaftler Professor Peter Struck in der "Für Sie". Alles, was in der Erziehung unter- oder überdosiert werde, schaffe Probleme. Angelika Faas kann das nur bestätigen. "Das behütete Leben auf Nummer sicher führt zu einer geradezu dramatischen Instinktlosigkeit", sagt die Psychologin. Wer nicht lerne auf eigenen Beinen zu stehen, gerate später unweigerlich ins Stolpern. Damit Selbstvertrauen wachsen könne, müsse ein Kind seine Kräfte erproben können. "Es ist wichtig, dass Kinder spüren: Meine Eltern glauben an meine Fähigkeiten", betont Frau Faas. Nur auf diese Weise würden sie so selbstbewusst, sich im späteren Leben zurecht zu finden.
Frauen, die mit der Vorstellung, dass ihre Kinder selbständiger werden, nicht zurecht kommen, sollten sich nach dem Bericht in der "Für Sie" selbst hinterfragen und nach neuen Lebensinhalten suchen, die die Lücke, die das Kind hinterlässt auf Dauer schließen können. Jeder Frau müsse bewusst sein, dass es ein Leben jenseits des Mutterseins gebe. Nicht nur im eigenen Interesse, sondern auch im Interesse der Kinder.
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