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Nicht gebannt
Kommentar von Friedrich Roeingh zu den Zwischenwahlen in den USA

Mainz (ots)

Man muss nicht alle Verästelungen des amerikanischen Wahlsystems durchdrungen haben, um die Bedeutung der US-Zwischenwahlen zu erfassen. Dass der Wahlkampf die Rekordsumme von 17 Milliarden Dollar verschlungen hat, sagt fast schon alles. Diese Zahl steht für alles andere als nur für eine Konjunkturspritze in inflationären Zeiten. Seit dem Sturm der Trump-Anhänger nach der verlorenen Präsidentschaftswahl auf das Kapitol im Januar 2021 geht es bei jeder US-Wahl um nichts weniger als die Verteidigung der amerikanischen Demokratie. Das Aufatmen, dass die sogenannten Midterms nicht zu dem erwarteten republikanischen Tsunami geführt haben, ist vor diesem Hintergrund so verständlich wie vorschnell. Donald Trump mag seine Kandidaten bei noch so vielen Entscheidungen um die zu besetzenden Senatorenplätze und die Sitze im Repräsentantenhaus nicht durchgesetzt haben: Nach Berechnungen der Washington Post haben sich bei den Zwischenwahlen - inklusive den lokalen Ebenen - mindestens 164 Republikaner durchgesetzt, die noch immer nicht den Wahlsieg von Joe Biden über Donald Trump anerkennen. 164 Republikaner also, die künftig aus ihren Ämtern heraus die Spielregeln der Demokratie infrage stellen. Eine Zahl, die deutlich macht, dass es in den USA längst nicht mehr allein um die Frage geht, ob Donald Trump es noch einmal schaffen wird, um die Präsidentschaft zu kandidieren und im schlechtesten aller Fälle ein zweites Mal ins Weiße Haus einzuziehen.

Jeder republikanische Präsident wird in Zukunft von einer Partei getragen, die über große Teile hinweg die DNA der amerikanischen Demokratie in Zweifel zieht. Das sind die nicht mehr rückholbaren Auswüchse eines Trumpismus, mit der sich alle Demokratien der freien Welt auseinandersetzen müssen und die auf sie abstrahlen werden. Dass die Zwischenwahlen nicht zu den vorhergesagten Trump-Festspielen wurden, wird den Gekränkten jedenfalls nicht von seinen Plänen zur Rückeroberung des Weißen Hauses abbringen. Im Gegenteil: Die Ankündigung seiner erneuten Kandidatur für die Vorwahlen der Republikaner bereits in wenigen Tagen ist längst ausgemacht. Daran ändert auch der Erfolg seines größten innerparteilichen Rivalen nichts, Floridas Gouverneur Ron DeSantis. Trumps unverhohlene Drohungen gegen seinen stärksten Konkurrenten beweisen das Gegenteil. Im besten aller Fälle könnte eine innerparteiliche Schlammschlacht die Republikaner zunächst einmal schwächen. Die Hoffnung, die US-Demokraten könnten - mit oder ohne Joe Biden - so schon die nächste Präsidentschaftswahl für sich entscheiden, bleibt einstweilen ein frommer Wunsch.

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