Späte Einsicht
Kommentar von Jens Kleindienst zur Diskussion um die Rente
Mainz (ots)
So so, Bundeskanzler Olaf Scholz wünscht sich, dass die Menschen weniger oft vorzeitig in Rente gehen, sondern stattdessen öfter bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze arbeiten. Aktuell liegt diese Grenze bei ungefähr 66 Jahren, bis zum Ende des Jahrzehnts wird die 67 erreicht sein. In Wahrheit gehen Arbeitnehmer aber im Schnitt zwei Jahre früher in den Ruhestand, mindestens. Und sie haben dafür meist gute Gründe: Sie sind kaputt geschafft. Oder sie haben genug verdient und können sich die fällig werdenden Rentenabschläge leisten. Oder sie wurden von ihrem Arbeitgeber mit viel Geld in die Altersteilzeit gelockt. Oder sie haben sich genug Versicherungsjahre erarbeitet und dürfen deshalb ohne Einbußen früher nach Hause gehen, Stichwort: Rente mit 63. Diese Abkürzung in den Ruhestand nehmen gerade sehr viele. Möglich gemacht hat das die SPD: Sie hat die Rente mit 63 vor Jahren mit aller Macht ins Rentenrecht gedrückt - damit der damals viel bemühte Dachdecker später einmal nicht bis zum 67. Geburtstag auf dem Dach stehen muss. Insofern ist es kurios, dass ausgerechnet Scholz nun ein Problem damit hat, dass viele Arbeitnehmer das Geschenk annehmen, das ihnen seine SPD gemacht hat. Späte Einsicht? Kommunikativ überlässt der Kanzler nichts dem Zufall. Seine Einlassung kann deshalb nur als Aufforderung verstanden werden, sich einem höchst unangenehmen Thema zu nähern: der mittel- bis langfristig kaum vermeidbaren weiteren Verlängerung der Lebensarbeitszeit. Adressaten der Botschaft sind nicht nur die Genossen, sondern auch die Arbeitgeber. Durch ihre großzügigen Frühverrentungsprogramme haben sie ihren Teil zum heute grassierenden Fachkräftemangel beigetragen.
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