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Habeck in Not
Kommentar von Jens Kleindienst zum Fall Graichen

Mainz (ots)

Es war eine weitere persönliche Verfehlung, die den grünen Wirtschaftsminister Robert Habeck offenbar veranlasst hat, seinen Staatssekretär Patrick Graichen zu entlassen. Die finanzielle Förderung eines Projekts des BUND-Landesverbands Berlin, in dessen Vorstand Graichens Schwester sitzt, sei "der eine Fehler zu viel" gewesen, sagt Habeck. Allerdings stellt sich die Frage, ob jener Fehler zu viel nicht schon die aktive Beteiligung am Auswahlverfahren für einen Spitzenjob im Dunstkreis des Ministeriums war, bei dem Graichen seinen Trauzeugen protegierte. Man kann es drehen und wenden: Habeck hat in der Affäre Graichen zu spät die richtige Konsequenz gezogen - und sich damit persönlich und seinen politischen Zielen erheblichen Schaden zugefügt. Mag sein, dass Graichen uns einen Winter in warmen Stuben beschert hat. Doch alle Verdienste beim Management der dramatischen Energiekrise können Vetternwirtschaft nicht ungeschehen machen. Robert Habeck und mit ihm die Grünen als Partei und Teil der Ampelkoalition sind nun schwer angeschlagen. Die Ursachen dafür gehen weit über die Affäre Graichen hinaus. Die Grünen und ihr großer Kommunikator Habeck haben es bisher nicht geschafft, den Menschen plausibel zu erklären, wie sie die klimapolitischen Herausforderungen der nächsten Jahre ganz persönlich finanziell schultern sollen. Sicher: Zur Wärmewende im Heizungskeller gibt es keine Alternative, auch darf der Umstieg von Gas und Öl auf erneuerbare Wärmespender nicht weiter verzögert werden. Doch organisieren könnte man die Revolution in den Heizungskellern schon anders. Habecks Gebäudeenergiegesetz, ein Werk seines entlassenen Staatssekretärs, schürt viele Ängste, weil es zentrale Fragen der staatlichen Förderung und des sozialen Ausgleichs gar nicht oder unvollständig beantwortet. Es darf nicht verwundern, dass die Opposition das für sich nutzt und die verbreitete Furcht vor dem grünen "Heiz-Hammer" mit übertriebenen oder falschen Behauptungen noch schürt. Die Schwächen des Gesetzes lassen sich im parlamentarischen Verfahren heilen, das Gebäudeenergiegesetz wird kommen. Doch geht Habeck ziemlich waidwund in den Clinch der nächsten Wochen - nicht zuletzt mit der FDP. Das hat er sich in großen Teilen selbst zuzuschreiben.

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