Der Selbstgerechte
Kommentar von Johanna Dupré zu Roger Waters' Konzert in Frankfurt
Mainz/Frankfurt (ots)
Roger Waters fühlt sich missverstanden - das wird in Frankfurt mehr als deutlich. Und zugegeben, ein paar Wellen sind im Laufe dieser Konzerttour vielleicht zu hoch geschlagen. Die Ermittlungen der Berliner Polizei wegen Volksverhetzung etwa dürften ins Nichts laufen: Das an SS-Ästhetik erinnernde Ledermantel-Outfit, das Waters seit Jahren bei Konzerten und so auch in Berlin, aber nicht in Frankfurt, getragen hat, ist klar Teil einer durch die Kunstfreiheit gedeckten Performance als Kunstfigur, mit der er autoritäre Ansichten kritisieren will. Waters sieht sich schließlich als Kämpfer gegen Faschismus, als Aufrechten in einer bösen Welt.
Nur, dass in seiner Welt vor allem die USA und Israel böse sind, während er über Autokraten wie Putin oder den Terror der Hamas kein Wort verliert. Es ist diese Doppelmoral, die Unfähigkeit oder der Unwille zum komplexen Denken, die ihn zu antisemitischen, populistischen, verschwörungstheoretischen Aussagen treibt. Und die sich, wenn nicht in klaren Hassbotschaften, so doch in der Einseitigkeit und Selbstgerechtigkeit der Polit-Show zeigt, zu der seine Konzerte geworden sind.
Man kann sie nicht mehr nur als Musikereignis betrachten, Waters hat das unmöglich gemacht. Trotzdem war der Verbotsversuch von Stadt und Land ein Fehler: Er kam zu spät, hat Waters geholfen, sich als Märtyrer zu stilisieren. Bleibt nur zu hoffen, dass aus dem Protestbündnis vom Sonntag wirklich ein anderer Umgang mit der Festhalle hervorgeht. Dass man künftig stärker an jene, die dort 1938 Opfer der Judenverfolgung wurden, erinnert. Und genauer hinsieht, an wen man speziell diese Halle vermietet. Waters ist schließlich nicht der einzige Problemfall: Schon am 1. Juni tritt dort die Skandalband Frei.Wild auf.
Pressekontakt:
Allgemeine Zeitung Mainz
Zentraler Newsdesk
Telefon: 06131/485924
desk-desk-zentral@vrm.de
Original-Content von: Allgemeine Zeitung Mainz, übermittelt durch news aktuell