Mal probieren
Kommentar von Jens Kleindienst zum Bürgerrat
Mainz (ots)
Sollen jetzt 160 ausgeloste Bürgerinnen und Bürger darüber entscheiden, wie oft wir in Zukunft noch Fleisch essen dürfen? Das ist natürlich Unsinn. Der von Bundestagspräsidentin Bärbel Bas ins Leben gerufene Bürgerrat (übrigens nicht gegendert, aber das ist ein anderes Thema) ist ein recht harmloses Experiment, bei dem durchaus etwas Sinnvolles herauskommen könnte. Deshalb will es nicht einleuchten, dass Abgeordnete der Union in der Versammlung von 160 miteinander diskutierenden, zufällig und einigermaßen repräsentativ ausgewählten Personen eine Schwächung des Parlaments sehen. Der Bürgerrat, der auf ein von der Ampel-Koalition initiiertes Gesetz zurückgeht, ist ein Rat, also kein Gremium, das irgendetwas entscheidet. Expertise von außen holt sich das Parlament schon heute ins Haus: Der Bundestag beschäftigt einen großen wissenschaftlichen Dienst, es gibt Enquete-Kommissionen, außerdem regelmäßig Expertenanhörungen in den Ausschüssen. Was bisher fehlt, sind organisierte Ratschläge von Bürgerinnen und Bürgern. Was der Bundestag mit diesen Ratschlägen dann macht, entscheiden die Abgeordneten selbst. Gerade bei einem Thema wie der Ernährung kann es sinnvoll sein, dem Volk etwas genauer aufs Maul oder besser: auf den Teller zu schauen. Damit ist nicht gesagt, dass den Parlamentariern die Nähe zu den Wählern fehlt. Aber es ist schon etwas anderes, wenn diese ungefiltert miteinander ins Gespräch kommen können. Der Bürgerrat ist der Versuch des Parlaments, seinem Wahlvolk etwas näherzukommen. Bei der allseits beklagten Politikverdrossenheit und der sterilen Atmosphäre im "Raumschiff Berlin" ist das ein guter Ansatz. Probieren wir es doch einfach mal aus.
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