NDR Info: Pharmakonzerne überreden Ärzte mit Studienaufträgen, ihre Medikamente zu verschreiben Zitate aus der Meldung frei bei Nennung "NDR Info"
Hamburg (ots)
Die Pharmaindustrie versucht mit oft überflüssigen Medikamententests Ärzte zu überreden, ihre Medikamente zu verschreiben. Die Rechnung für die Arzneimittel zahlt die Krankenkasse. Über 300 so genannter Anwendungsbeobachtungen laufen derzeit. Das belegen die jüngsten Zahlen der Gesetzlichen Krankenkassen, die NDR Info vorliegen. Viele dieser Studien seien mehr Werbemaßnahme als Wissenschaft, sagt Dr. Susanne Dietrich, Direktorin des Wissenschaftlichen Instituts der Techniker Krankenkasse: "Der Arzt soll auf bestimmte Präparate umgelenkt werden. In den meisten Fällen haben diese aber keinen Zusatznutzen. Das heißt, die meisten Patienten werden nicht besser behandelt, sondern in vielen Fällen einfach nur teurer." Für die Pharmaunternehmen rechne sich das Geschäft, weil viele Ärzte oft über Jahre die Medikamente aus der Anwendungsbeobachtung weiter verordnen. Die Kosten für die nicht selten teureren Medikamente zahlen die Krankenkassen.
Um möglichst viele Patienten zu erreichen, testen manche Pharmafirmen ihre Medikamente an mehr als 15.000 Probanden. In den meisten dieser Mega-Studien nehmen die Patienten Arzneimittel, die schon sehr lange auf dem Markt sind. Zum Beispiel Avalox von Bayer, seit 1999 auf dem Markt. Ein Antibiotikum, das eigentlich nur in Ausnahmefällen, bei sehr schweren Infektionen eingesetzt werden sollte. Oder Pantozol, ein Medikament gegen Magenschmerzen. Das Produkt ist bereits seit 1994 auf dem Markt und bei vergleichbarer Wirkung anderthalb mal so teuer wie das Konkurrenzprodukt Omeprazol. Trotzdem gehört Pantozol zu den umsatzstärksten Medikamenten in Deutschland. Für den Hersteller Nycomed, ehemals Altana, macht es den größten Teil des Umsatzes aus. Zu den guten Zahlen tragen auch die Anwendungsbeobachtungen bei, sagt Arzneimittelexperte Gerd Glaeske zu NDR Info: "Es ist dringend erforderlich, dass die Gesetzeslage und vor allem die Kontrollen in diesem Bereich weiter verschärft werden. Aus meiner Sicht ist es ein Skandal, wenn die Gesetzlichen Krankenkassen Marketingmaßnahmen der Pharmaindustrie finanzieren."
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12. Dezember 2007/RP
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