"Zapp": handwerkliche Fehler bei RTL 2- Reportageformat "Investigativ"
Hamburg (ots)
RTL 2 und investigativer Journalismus - diese Kombination empfanden viele Zuschauer und Kritiker als überraschend, als das Reportageformat "Investigativ" im Dezember 2011 startete. Es brachte dem Privatsender zunächst eine gute Presse ein. Der Sender versprach anspruchsvollen Journalismus, "... zu hundert Prozent authentisch". Nach Recherchen des NDR Medienmagazins "Zapp" hält das Format diesem selbstgesetzten Anspruch nicht stand.
In der Folge zur Gang-Kriminalität vom 13. März 2012 wird in einem reißerischen Vorschautrailer vor einem Werbeblock ein angeblicher Gang-Chef vorgeführt mit der Aussage: "Wir erpressen Schutzgeld, wir bedrohen die Leute, wir terrorisieren die Bezirke und verdienen so Geld." Später in der Sendung wird klar, dass der Gang-Chef diese Botschaft gar nicht auf sich bezogen verbreiten wollte, da seine Aussage mit den Worten weitergeht "...wie dämlich muss dieser Mensch sein, ... sich noch vor die Kamera hinzustellen und das zu erzählen ...." Eine Verkürzung, über die der Medienjournalist Fritz Wolf gegenüber "Zapp" sagt: "Das ist ein Verfahren, das man im Journalismus nie anwenden darf - Zitate aus dem Kontext nehmen. Und ich würde mal denken, man darf sie nicht mal unter den verschärften Bedingungen eines Trailers herausnehmen...". RTL 2 dazu gegenüber "Zapp": "Wir haben unsere Protagonisten aus der Gang-Szene mit offenen Interviews konfrontiert, dabei ehrliche Gespräche geführt und dies haben wir dokumentiert."
Zudem hat "Zapp" festgestellt, dass RTL 2 auch einige alarmierende Zahlen in der Sendung nicht eindeutig belegen kann. In "Investigativ" vom 13. März heißt es: "Es gibt in Deutschland etwa 250.000 Gangmitglieder. ... Geschätzte 53 Prozent aller bundesweit registrierten Straftaten gehen auf das Konto von Gangs." "Zapp" hat beim Bundeskriminalamt (BKA) und dem kriminologischem Forschungsinstitut in Niedersachsen nachgefragt, um diese hohen Zahlen nachzuvollziehen. Dort hieß es gegenüber "Zapp": "RTL 2 wird für seine Thesen keine seriöse Quelle benennen können." In der Tat: Eine nachprüfbare namentliche Quelle gab RTL 2 dafür gegenüber "Zapp" nicht an.
Für eine Folge über Hooligans in Deutschland vom 5. Dezember 2011 konnte "Zapp" nachweisen, dass Archivbilder aus einem ganz anderen Kontext verwendet wurden. Fritz Wolf dazu: "Aus journalistischer Sicht, was die Authentizität angeht, das Versprechen, das alles hundert Prozent authentisch ist, ist es als glatte Verfälschung zu bewerten." RTL 2 sicherte gegenüber "Zapp" zumindest in diesem Punkt eine sorgfältige Prüfung zu.
"Zapp": Mittwoch, 28. März, 23.20 Uhr, NDR Fernsehen.
Weitere Informationen im Internet unter www.NDR.de/zapp
28. März 2012
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