Glaubenspräfekt Müller: Keine Gespräche mehr mit Piusbruderschaft
Hamburg (ots)
Unmittelbar vor dem 50. Jahrestag des Zweiten Vatikanischen Konzils hat der neue Präfekt der Glaubenskongregation, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, die traditionalistische Piusbruderschaft für nicht verhandlungswürdig erklärt. Wörtlich sagte er: "Diese Bruderschaft ist für uns kein Verhandlungspartner, weil es über den Glauben keine Verhandlungen gibt." Erzbischof Müller äußerte dies exklusiv im Interview mit dem Radiosender NDR Kultur.
In den Aufgabenbereich des Glaubenspräfekten fällt auch die Frage einer möglichen Eingliederung der traditionalistischen Piusbruderschaft in die katholische Kirche. Die Bruderschaft lehnt wichtige Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils ab, u. a. zur Religionsfreiheit und den Menschenrechten. Der Vatikan hat die Piusbruderschaft aufgefordert, diese Beschlüsse zu akzeptieren, wenn die Bruderschaft wieder ein Teil der Kirche werden will. Mit Blick auf eine mögliche Wiederaufnahme der Traditionalisten, sagte Erzbischof Müller: "In einem pastoralen Sinn ist die Tür immer offen".
Der Glaubenspräfekt stellte im Gespräch mit NDR Kultur aber klar: "Es gibt keine Ermäßigungen was den katholischen Glauben angeht, gerade wie er auch vom Zweiten Vatikanischen Konzil gültig formuliert worden ist. Das Zweite Vatikanische Konzil steht nicht im Gegensatz zur gesamtkirchlichen Tradition, allenfalls im Gegensatz zu mancher falschen Interpretation des katholischen Glaubens." Erzbischof Müller sagte weiter: "Wir können den katholischen Glauben nicht den Verhandlungen preisgeben. Da gibt es keine Kompromisse". Man werde in der Glaubenskongregation in Einheit mit dem Papst nun das weitere Vorgehen beschließen. Den Piusbrüdern läge die Erklärung vor, die sie zu akzeptieren hätten, betonte Müller. "Ich glaube, es gibt jetzt keine neuen Gespräche mehr", sagte der Glaubenspräfekt.
Erzbischof Müller äußerte sich auch zum Missbrauchsskandal und zur Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt durch katholische Geistliche. Er halte es aus theologischen Erwägungen nicht für richtig, dass die Kirche sich zur Täterin erkläre und die Täter dadurch entlaste. Niemand habe den Tätern irgendwie die Möglichkeit eingeräumt, die Vertrauensstellung, die ihnen zu Recht zukomme, in der schlimmen Weise zu missbrauchen: "Die Behauptung, dass diese Untaten im System Kirche liegen, muss ich als ein schweres Unrecht zurückweisen", so Müller.
Zur Gewalt im Namen der Religion rund um den Globus sagte Müller, es sei ein Widerspruch in sich, Gewalt im Namen Gottes auszuüben. Die Autoritäten auch in islamischen Ländern müssten deutlich machen, dass niemand berechtigt sei, im Namen Allahs anderen Menschen Unrecht zu tun. "Wir müssen uns auch gegen die Politisierung von Religionen überall wehren, denn gerade der christliche Glaube steht für Toleranz und ein friedliches Miteinander mit Menschen anderer Kulturen", sagte der Erzbischof. Dies sei nur möglich, wenn man die Gewissensfreiheit anderer Menschen respektiere, ohne den eigenen Glauben zu relativieren.
Mit Blick auf den 500. Jahrestag der Reformation im Jahr 2017 erklärte der Präfekt der Glaubenskongregation, das Ereignis solle historisch richtig eingeordnet werden. Es sei eine Gelegenheit sich des ökumenischen Prozesses zu vergewissern und dies als Impuls zu nehmen, dass auch der Weg zur größeren Einheit der Kirche bewusst angestrebt werde, mit dem Ziel der sichtbaren Einheit aller Christen in der einen Kirche. Zu einer von der Lutherbotschafterin der EKD, Margot Käßmann, vorgeschlagenen Versöhnungsgeste zwischen Katholiken und Protestanten sagte Müller, diese Versöhnung habe man praktisch schon seit langer Zeit vollzogen, durch den ganzen ökumenischen Prozess. Man habe bereits vieles gemeinsam und stehe nicht am Anfang. "Wir müssen jetzt dieses Datum nicht so magisch betrachten", erklärte Müller.
Das Interview mit Erzbischof Gerhard Ludwig Müller führte Florian Breitmeier. Es ist zu hören in der Sendung "Das Gespräch" am Sonnabend, 6. Oktober, ab 18.00 Uhr auf NDR Kultur.
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4. Oktober 2012 / RC
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