Erstes Interview mit dem "Kofferbomber von Köln" "Panorama" besucht Tatverdächtigen im Beiruter Gefängnis
Hamburg (ots)
Erstmals ist es gelungen, den in Beirut inhaftierten so genannten Kofferbomber Jihad Hamad zu interviewen. Über dieses halbstündige Gespräch, das im Rumiye-Gefängnis nur ohne Kamera geführt werden durfte, berichtet das NDR-Magazin "Panorama" am Donnerstagabend (9. November) um 21,45 Uhr im Ersten.
Der als einer der "Kofferbomber von Köln" bekannt gewordene Libanese Hamad beschreibt in dem Interview detailliert das Motiv für den Terroranschlag in Deutschland. Er hatte den Anschlag nach eigenen Angaben gemeinsam mit Yusuf al-Haj Dib geplant: "Yusuf hat mir gesagt, dass zwei deutsche Zeitungen die Muhammad-Karikaturen veröffentlicht haben. Er hat mir gesagt, wir dürfen nicht untätig bleiben. Wir kommen in die Hölle, wenn wir nichts tun." Der zuletzt in Kiel wohnhafte zweite Kofferbomber, Yusuf al-Haj Dib, ist zur Zeit in Berlin inhaftiert. Jihad Hamad stellt gegenüber "Panorama" auch klar, dass nur er und Yusuf al-Haj Dib an den Anschlagsplanungen beteiligt waren: "Es gab keine dritte Person."
Im Gespräch mit dem "Panorama"-Reporter widerruft Jihad Hamad allerdings einen zentralen Punkt aus seiner Aussage, die er früher gegenüber der libanesischen Justiz gemacht hatte und die "Panorama" als Mitschrift vorliegt. Damals hatte er als Ziel des Kofferbombenanschlags angegeben, "möglichst viele Menschen zu töten". Nun hingegen behauptet Hamad, "die Bomben sollten nicht explodieren", sondern lediglich "den Leuten Furcht einflößen" und "Aufsehen erregen". Den Widerspruch zu seinem Geständnis vom 4. September 2006 erklärt Hamad mit einer überraschenden Behauptung: "Ich bin nach meiner Festnahme geschlagen worden. Man hat mich bedroht. Man hat mir gesagt: Wenn du das nicht zugibst, dann verpassen wir dir Elektroschocks."
Für diese Vorwürfe Jihad Hamads gibt es allerdings keinerlei Belege. Im Gegenteil: Selbst sein Anwalt, Fawaz Zakaria, bestätigt in dem "Panorama"-Beitrag, dass sein Mandant das Geständnis ohne Folter oder andere illegale Druckmittel abgelegt habe.
Aus der ersten Vernehmung geht auch hervor, was in dem im Libanon sichergestellten Computer von Jihad Hamad gefunden wurde: unter anderem verschiedene Bombenbauanleitungen, Informationen über Kämpfer in Tschetschenien und Bilder von Osama bin Laden. Hamad verriet auch das Passwort für diese Dateien: "Bin Laden 19.388053".
Nach "Panorama"-Recherchen verkehrte der Kofferbomber Jihad Hamad schon vor seiner Einreise nach Deutschland in islamistischen Kreisen. In der libanesischen Stadt Tripoli betete er regelmäßig in der Mustafa-Moschee. Dort hält der fundamentalistische Imam Abu Abdallah Husam az-Zahid die Freitags-Predigten. In seinem nahegelegenen Laden verkauft der Imam Video- und Tonkassetten, in denen offen zum "Heiligen Krieg gegen die Ungläubigen" aufgerufen wird. Gegenüber "Panorama" rechtfertigt der Prediger jetzt, dass junge Muslime auf die Veröffentlichung von Muhammad-Karikaturen in Deutschland mit Anschlags-Plänen reagierten. "Jemand, der den Propheten beleidigt und dann keine Reue zeigt, der muss getötet werden. Das ist die Strafe, die die Shari´a vorsieht," sagt er im Interview.
Kofferbomber Hamad bestätigt gegenüber "Panorama", öfter Predigten von az-Zahid besucht zu haben. "Würden Sie sagen, dass er strenge Ansichten hat?", fragt der "Panorama"-Reporter. "Nein", antwortet Hamad.
8. November 2006
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