DBV: Stimmung schlechter als wirtschaftliche Lage der Bauern / Verunsicherung lässt Investitionen einbrechen
Bonn (ots)
(DBV) Auf einer Pressekonferenz in Bonn hat der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Gerd Sonnleitner, unmittelbar nach der Präsidiumssitzung heute den DBV-Situationsbericht 2002 vorgestellt. Der Situationsbericht gibt einen Überblick über die Ergebnisse des abgelaufenen Wirtschaftsjahres, das am 30. Juni 2001 endete. "In der Aussprache mit unseren Landesbauernverbandspräsidenten wurde deutlich", so Sonnleitner, "dass die Stimmungslage in unseren Betrieben und Dörfern weitaus schlechter ist, als es die Zahlen der Buchführungsabschlüsse widerspiegeln." Trotz eines Einkommenszuwachses ist die Bereitschaft der Bauern, in ihre Betriebe zu investieren, selbst bei guten Betrieben so niedrig wie noch nie. Durch die Agrarwende sind die Bauern stark verunsichert und halten Investitionsentscheidungen zurück, weil sie an ihren Perspektiven am Agrarstandort Deutschland zweifeln. Frust und Ärger machen sich auf den Höfen breit.
Basierend auf 21.500 ausgewerteten Buchführungsabschlüssen sind die Unternehmensergebnisse (einschließlich Personalaufwand) bezogen auf eine Vollarbeitskraft bei den Agrargenossenschaften um 6 Prozent, bei den Personengesellschaften um 15 Prozent und bei den Haupterwerbsbetrieben um 18 Prozent gestiegen. Möglich gemacht hat dies die günstige Marktentwicklung bei Schweine-, Geflügelfleisch und Eiern, bei Milch und teilweise im Ackerbau. Für das laufende Wirtschaftsjahr erwartet Sonnleitner, dass die positiven Unternehmensergebnisse nicht zu halten sein werden. "Dafür sprechen die rückläufigen Erzeugerpreise bei Schweinen und Geflügel und die anhaltend schwierige Situation bei Obst, Gemüse und Rindfleisch." Bei den spezialisierten Rindfleischerzeugern - ökologisch oder konventionell wirtschaftend - gab es hingegen einen scharfen Einbruch der Unternehmensergebnisse. Im vergangenen Wirtschaftsjahr verdiente ein spezialisierter Rindererzeuger ein monatliches Bruttoeinkommen von 1.130 D-Mark (siehe Grafik).
Die Bauern sehen in der Rückgewinnung des Verbrauchervertrauens für Lebensmittel, speziell für Rindfleisch, eine große verantwortliche Aufgabe. Neben den zahlreichen BSE-Schutzmaßnahmen wird dies mit dem Aufbau einer gläsernen Produktion erreicht. Dazu trägt einerseits das einheitliche staatliche Ökosiegel bei. Sonnleitner: "Hier müssen wir allerdings mit großem Nachdruck für eine Verbesserung des EU-Standards eintreten, auf den sich Ministerin Künast eingelassen hat." Von entscheidender Bedeutung für die landwirtschaftlichen Betriebe sei darüber hinaus das vom Bauernverband initiierte QS-System "Qualität und Sicherheit". Es werde von der Wirtschaft der gesamten Produktionskette getragen und solle die Transparenz in der Nahrungsmittelerzeugung erhöhen. Beginnen werde das Qualitätssicherungssystem mit Fleisch und Fleischwaren, andere Produkte wie Obst und Gemüse folgten. Als weitere vertrauensbildende Maßnahme hat das DBV-Präsidium heute die vor kurzem erstellte so genannte Positivliste für Futtermittel bewertet. In ihr werden die Komponenten aufgeführt, aus denen in Zukunft Futtermittel hergestellt werden dürfen. Diese führe zu weiterer Lebensmittelsicherheit und Qualitätsverbesserung.
Gegenüber den Journalisten erklärte Sonnleitner: "Bauern und Bäuerinnen - vor allem die junge Generation - sehen sich durch das, was mit "Agrarwende" umschrieben wird, zutiefst verletzt". Tief getroffen seien sie durch den immer wieder erhobenen Vorwurf, Umweltzerstörer, Tierquäler und hoch subventionierte Störenfriede in der Außenhandelspolitik zu sein. Wie Tier-, Natur- und Umweltschutzverbände auf dem Selbstwertgefühl der Bauern herumtrampelten, "geht auf keine Kuhhaut".
Heftig kritisierte der DBV-Präsident den Hang des Bundeslandwirtschaftsministeriums, europäische Vorschriften im nationalen Alleingang weiter zu verschärfen. Natürlich könne man die Käfighaltung bei Legehennen abschaffen. Aber dann müsse wenigstens dafür gesorgt werden, dass dies im Gleichklang mit den wichtigsten Wettbewerbern geschehe. Ansonsten sei weder den Tieren noch den Landwirten geholfen. Sowohl konventionelle wie ökologisch ausgerichtete Betriebe seien von bürokratischen Umweltverträglichkeitsprüfungen oder einem überzogenen Naturschutzgesetz gleichermaßen betroffen.
Der komplette Bericht ist von der Internet-Seite www.bauernverband.de abrufbar.
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