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Deutscher Bauernverband (DBV)

Aus deutschen Erfahrungen in erweiterter EU lernen - DBV-Präsident Sonnleitner beim 25. Internationalen DBV-Forum Agrarpolitik

Berlin (ots)

Als „wahrhaft historischen Schritt“ bezeichnete der
Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Gerd Sonnleitner, die
Erweiterung der Europäischen Union auf 25 Mitgliedstaaten zum 1. Mai
2004 anlässlich des Internationalen Forums Agrarpolitik des DBV auf
der diesjährigen Grünen Woche. Viele für den Umbau der Land- und
Ernährungswirtschaft wichtige Lehren hätten bereits zuvor die in den
neuen Bundesländern lebenden Menschen im Zuge der Umstrukturierung
der ehemaligen DDR gewonnen. Von zentraler Bedeutung sei damals die
Modernisierung der Landwirtschaft in enger Abstimmung mit den vor-
und nachgelagerten Wirtschaftsbereichen gewesen. Als ebenso
entscheidend nannte Sonnleitner die Kapitalversorgung zu günstigen
und langfristigen Zinsbedingungen. Enorm wichtig seien zudem der
Erhalt einer flächendeckenden Landwirtschaft, ein Mindestmaß an
Außenschutz und ein WTO- gesicherter Direktausgleich. Nach
Einschätzung des DBV-Präsidenten sollten die deutschen Erfahrungen
den neuen Mitgliedstaaten der EU helfen, Fehler zu vermeiden.
Bei der Betrachtung der Chancen und Risiken des erweiterten
Binnenmarktes für die europäische Landwirtschaft müsse ein ehrlicher
Vergleich der Ausgangspositionen erfolgen, forderte Sonnleitner. Es
müsse klar sein, dass bei aller Solidarität unter den alten und neuen
Mitgliedstaaten der EU dieselbe nationale Kraftanstrengung und ein
vergleichbar großer Kapitaltransfer von Seiten Deutschlands undenkbar
seien. Zu bedenken seien auch größere kulturelle und administrative
Unterschiede zwischen den Staaten der EU-15 und den neuen
Mitgliedstaaten. Zudem existierten nur in Ungarn und der
Tschechischen Republik vergleichbar große Betriebsstrukturen wie in
den neuen Bundesländern Deutschlands. Die Landwirtschaft in Polen und
einigen anderen neuen Mitgliedstaaten hingegen sei zu Beginn des
Reformprozesses weitgehend klein strukturiert.
Zwei zentrale Ziele seien bei der Überführung der Landwirtschaft
der ehemaligen DDR in eine neue Zeit in Deutschland wie in den EU-
Beitrittstaaten gleich: Zum einen die Abfederung des Strukturwandels
in der Landwirtschaft und im ländlichen Raum und zum anderen der
Aufbau einer leistungsfähigen Lebensmittelkette, deren Glieder einem
ständig schärfer werdenden europäischen und globalen Wettbewerb
standhalten müssen, analysierte Sonnleitner.
Entscheidend für den erfolgreichen Umbau der landwirtschaftlichen
Betriebe in den neuen Bundesländern sei die gezielte
Investitionsförderung gewesen. Zuschüsse und zinsverbilligte Kredite
hätten die Betriebe in die Lage versetzt, moderne Produktionsanlagen
und zeitgemäße Technik zu erwerben und die Produktivitätslücke zu den
alten Bundesländern zu schließen oder diese teilweise sogar zu
überholen. Während die Entwicklung in der ostdeutschen Tierhaltung
allerdings nur unbefriedigend verlaufe, glänze vor allem der Ackerbau
in den neuen Bundesländern mit Erfolgen: Dieser habe 2004 mit 20
Millionen Tonnen fast doppelt soviel Getreide produziert wie in
sozialistischer Zeit. Zudem hätten sie sich die neuen Bundesländer zu
Export orientierten Qualitätsweizengebieten und wettbewerbsstarken
Ölsaatenregionen entwickelt. Auch in der Produktion nachwachsender
Rohstoffe nehmen sie heute europaweit eine Führungsrolle ein.
Ähnliche Produktivitätssteigerungen gab es nach Angaben des
DBV-Präsidenten im Ackerbau der neuen EU- Mitgliedstaaten. So
verzeichneten nach der Dürre 2003 viele östliche Nachbarn im letzten
Jahr sehr hohe Getreideernten - Ungarn erzielte sogar Rekordernten.
Für den Umbau der ostdeutschen Land- und Ernährungswirtschaft sei
insbesondere auch die komplette Erneuerung der Schlachthöfe,
Molkereien, Mühlen und Handelsunternehmen maßgeblich gewesen, stellte
Sonnleitner fest. Er betonte, dass ohne diese Grunderneuerung entlang
der Lebensmittelkette der Wiederaufstieg der ostdeutschen
Landwirtschaft unmöglich gewesen wäre. Den neuen EU- Mitgliedstaaten
attestierte der DBV-Präsident, dass diese mit Nachdruck und
Unterstützung der EU daran arbeiteten, diesen Schritt ebenfalls zu
gehen. Die eigentliche „Erfolgsstory“ des Umbaus der ostdeutschen
Landwirtschaft gründet nach Ansicht Sonnleitners aber auf den Bauern
vor Ort. Hier habe der Deutsche Bauernverband auf nationaler und
europäischer Ebene beim Neuanfang für eine realistische Chance für
die Bauernfamilien gekämpft. Dies versuchten derzeit auch Polen und
die Tschechische Republik.
Die erfolgreiche Transformation der ostdeutschen Landwirtschaft
habe jedoch auch Schattenseiten, so Sonnleitner. Während die
Landwirtschaft der DDR 1989 etwa 800.000 Menschen beschäftigte,
fänden im heute durchrationalisierten Sektor nur noch 120.000
Menschen ihr Auskommen. Damit sei die strukturelle Arbeitslosigkeit
bis heute ein weit verbreitetes Phänomen. Ein schneller
Strukturwandel könne daher nur funktionieren, wenn Arbeitsplätze
außerhalb der Landwirtschaft existierten.

Kontakt:

Deutscher Bauernverband
Dr. Michael Lohse
Pressesprecher
Tel.: 030 / 31904 240

Original-Content von: Deutscher Bauernverband (DBV), übermittelt durch news aktuell

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