Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) schreibt zur Kosovo-Krise:
Bielefeld (ots)
Bis zur Lösung der politischen Zukunft des Kosovo steht die internationale Gemeinschaft noch vor einem 10000-Meter-Lauf. UN-Sondervermittler Martti Ahtisaari deutet damit an, dass es noch einen langen Atem braucht, um die Krise um die südserbische Provinz zu lösen. Schön wäre es, wenn es so schnell ginge. Es ist zu befürchten, dass man auch nach dem bisherigen jahrelangen Bemühen man noch immer vor einem Marathon-Lauf steht. Das erfordert viel Kondition und Geduld. Ob diese aber von allen aufgebracht wird, da sind doch große Zweifel angebracht. Das Pulverfass Balkan kommt nicht zur Ruhe, im Kosovo ist die Lunte abermals gelegt. Kommt es zur Explosion, werden die Auswirkungen auch anderswo zu spüren sein. In Bosnien-Herzegowina, in Mazedonien und weiteren Regionen. Der Athisaari-Plan, der eine Unabhängigkeit unter internationaler Aufsicht vorsieht, ist nach wie vor der beste Kompromiss. Doch wird er niemals verwirklicht werden, weil es für die unvereinbaren Positionen von Serben und Kosovo-Albanern keinen Kompromiss gibt. Die jahrzehntelang unterdrückten Kosovo-Albaner beharren auf der Unabhängigkeit, die Serben sehen im Kosovo die Wiege der Nation. Gestärkt werden beide Seiten in ihrer starrsinnigen Haltung von den USA und Russland. Die Äußerung der US-Außenministerin Condoleezza Rice, die Unabhängigkeit komme, so oder so, war mehr als fahrlässig. Es ist an der Zeit, dass die USA auch der albanischen Seite klarmachen, dass sie sich bewegen muss. Und auf der anderen Seite Russland. Es geht dem Kremlchef Wladimir Putin nicht nur darum, dass sein Land traditionell Schutzmacht Serbiens ist. Nein, Putin liegt es vornehmlich daran, zu zeigen, dass Russland zurück ist auf der Weltbühne. Das hat er in jüngster Zeit auch bei anderen Angelegenheiten deutlich gemacht. Doch sollten die USA und Russland dieses gefährliche Machtspiel schleunigst beenden. Denn wie lange die betroffenen Menschen noch stillhalten werden, kann niemand sagen. Es brodelt kräftig, das kann die im Kosovo eingesetzte Bundeswehr bestätigen. Kein Wunder: Bis zu 70 Prozent Arbeitslosigkeit nimmt den jungen Kosovaren jegliche Perspektive. Die jetzt eingesetzte »Troika« von USA, Russland und EU ist die letzte Chance, die serbische Regierung in Belgrad und die albanisch geführte Regierung der Kosovo-Provinz zu einer Verhandlungslösung zu bewegen. In Washington und Moskau, aber auch in Belgrad und Pristina muss begriffen werden, dass es nicht mehr darum gehen kann, nochmals Zeit zu schinden. Eine Lösung muss her. Schwierig, aber nicht unmöglich. In der serbischen Bevölkerung ist der Wunsch größer, ins Haus Europa einzuziehen als wegen des Kosovo einen Krieg zu riskieren. Man muss den Politikern in Belgrad diesen Weg mit Zugeständnissen schmackhaft machen. Dann werden sie vielleicht einer Lösung zustimmen, die zumindest auf dem Athisaari-Plan aufbaut.
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