Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Wahljahr 2009
Bielefeld (ots)
Die Grünen sehen Nordrhein-Westfalen auf den Weg zur »Bananenrepublik«, und die SPD hält den Vorgang für »höchst undemokratisch«. Die Rede ist von der zeitgleichen Bundestags- und Kommunalwahl im Herbst 2009 - die Rot-Grün wünscht - oder von zwei getrennten Urnengänge für Stadträte etwa im September und für den Bundestag im Oktober, welche Schwarz-Gelb favorisiert. Tatsache ist, dass es derzeit noch gar keine festen Termine gibt, beide Wahlen nach der Sommerpause 2009 stattfinden müssen und das Problem durch das Vorziehen der Bundestagswahl 2006 auf 2005 geschaffen wurde. Weder das eine noch das andere Lager kann dabei sicher sein, mit dem »richtigen« Termin das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Niemand weiß, ob die große Koalition bis 2009 hält. Gewiss ist, dass der Spareffekt bei zeitgleichen Bundestags- und Kommunalwahlen in NRW 42 Millionen Euro Steuergelder ausmacht. Auch bliebe dem großen Heer mäßig bezahlter Wahlhelfer ein Sonntagsdienst erspart. Die Opposition im Landtag glaubt nicht zu Unrecht, dass die hohe Mobilisierung durch Bundestagswahlen den Ratswahlen zugute käme. Dass 85 statt 55 Prozent Wahlbeteiligung allein die SPD stärken, ist keineswegs gewiss. Klar ist: Ein Duell Merkel-Beck wird mehr Menschen veranlassen, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen, als wenn es »nur« um Kommunalpolitik geht. Allerdings wird an dieser Stelle eine Herabwürdigung lokaler Mitwirkung deutlich, die niemand in den Räten, Bezirksvertretungen und Kreistagen verdient hat. Im Gegenteil: Die ehrenamtliche Arbeit der »Feierabendpolitiker« ist das Salz im Gemeinwesen. Auch in Ostwestfalen sind Kommunalpolitiker keineswegs erbaut von der Aussicht, mit ihren Leistungen und Visionen in der großen politischen Welle aus Berlin unterzugehen. Nicht nur CDU und FDP sehen das so. Die SPD in Bielefeld zum Beispiel hat mit der Nominierung von Peter Clausen schon am vorletzten Wochenende das Rennen um das Oberbürgermeisteramt 2009 eröffnet. So soll die Union gezwungen werden, sehr früh einen Nachfolger von Eberhard David zu präsentieren - kein schlechter Schachzug, demokratisch absolut legitim. Anders der Vize-Fraktionschef der SPD im Landtag, Ralf Jäger. Er hält es für eine Zumutung, dass 14 Millionen Wähler innerhalb weniger Wochen zweimal zur Wahlurne gehen müssen. Nach seiner Logik müsste die Europawahl im Frühsommer 2009 auch gleich mit abgefrühstückt werden. Dagegen steht der immer häufiger zu hörende Ruf nach mehr Basisbeteiligung, Volksabstimmungen und sonstigen plebiszitären Elementen. Die Liberalen möchten zum Beispiel die Europawahl 2009 mit einer Volksabstimmung über die EU-Verfassung verbinden. Eine gute Idee. Wohl dem Wähler, der am Ende mit einem ganzen Stapel von Stimmzetteln in die Wahlkabine geschickt werden müsste - und immer noch durchblickt.
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