Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Nahost
Bielefeld (ots)
Erstmals seit sieben Jahren reden Israelis und Palästinenser seit gestern wieder über Frieden in der Region. Doch die Chancen auf eine tragfähige Lösung sind ebenso schlecht wie vor der Konferenz von Annapolis, bei der der Einstieg in die Friedensverhandlungen unter großem Druck der USA, der EU und der auf Ausgleich bedachten arabischen Staaten beschlossen wurde. Ob die Verhandlungen nun mit einem Erfolg oder einem Misserfolg enden, in beiden Fällen ist das politische Überleben des israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert und des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas mehr als ungewiss. Olmert kann den Palästinensern keine allzu großen Zugeständnisse machen. Ost-Jerusalem als Hauptstadt eines Palästinenserstaates, ein Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge oder ein Abbau von Siedlungen im Westjordanland würde das Ende der Koalitionsregierung von Ehud Olmert bedeuten. Die orthodoxe Schas-Partei und die rechtsextreme Einwandererpartei Israel Beitenu machen kein Hehl daraus, dass dann für sie eine »rote Linie« überschritten wäre. Und bei Neuwahlen wäre der von Korruptionsvorwürfen gebeutelte Olmert gegen Oppositionsführer Benjamin Netanjahu wohl chancenlos, der Friedensverhandlungen derzeit ablehnt. Auch für Abbas steht die politische Zukunft auf dem Spiel. Eine Friedensvereinbarung mit den Israelis stellt für Abbas und andere gemäßigte Palästinenserführer wahrscheinlich die letzte große Chance dar, weiterhin für die Mehrheit der Menschen im Westjordanland und im Gazastreifen zu sprechen. Dann muss er jedoch zur Bildung eines lebensfähigen Palästinenserstaates weitgehende Zugeständnisse der israelischen Regierung erreichen, was fast ausgeschlossen ist. Es besteht die ganz große Gefahr, dass die islamistische Hamas-Organisation in Gaza und andere Extremistengruppen weiter an Einfluss gewinnen werden, wenn die Hoffnungen der Palästinenser auf einen eigenen Staat erneut enttäuscht würden - mit unabsehbaren Folgen für die gesamte Nahost-Region. Die Gegner jeder Annäherung zwischen Israelis und Palästinensern haben nicht zufällig gestern ihren Willen zur Gewalt untermauert. Aus dem Gazastreifen wurden 20 Kassam-Raketen auf israelische Grenzorte abgefeuert. Die Extremisten wollen einen Einmarsch der Israelis in den Gazastreifen provozieren, der die Friedensbemühungen wohl beenden würde. Und im Libanon haben pro-syrische Terroristen gestern mit der Ermordung des Generals Francois Al-Hadsch erneut bewiesen, dass ihnen jedes Mittel recht ist, die Politiker im Lande zu schwächen, die auf ein friedliches Nebeneinander mit Israel setzen. Im Libanon steht auch die Hisbollah weiter Gewehr bei Fuß, um dem Staat Israel im Zusammenspiel mit Syrien, dem Iran und der Hamas den Garaus zu machen. Diese Umstände machen klar, welch ein Balanceakt Olmert und Abbas gelingen müsste, um endlich Frieden zu schaffen.
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