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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Steuern und Sozialleistungen

Bielefeld (ots)

Welten liegen zwischen den 347 Euro plus
Wohnkosten, die einem allein stehenden Empfänger von Arbeitslosengeld
II als monatliche Grundsicherung zustehen, und den 60 Millionen Euro,
auf die das Jahreseinkommen von Porsche-Chef Wendelin Wiedeking 
geschätzt wird. Doch gibt es eine Brücke, die beide Welten verbindet:
Ohne die Steuern, die Wiedeking jährlich in zweistelliger 
Millionenhöhe an den deutschen Fiskus abführt, müsste sich entweder 
der Staat noch höher verschulden oder der ALG-II-Empfänger den 
Gürtel, was kaum möglich ist, noch enger schnallen.
Die Manager haben in den vergangenen Monaten viel Kritik einstecken 
müssen. Millionenschwere Abfindungen an gescheiterte 
Vorstandsvorsitzende schadeten dem Image ebenso wie die 
Steuerhinterziehungen von Freunden des Fürstentums Liechtenstein. 
Dazu kamen Gehaltssteigerungen etwa bei den Dax-Vorständen, die jene 
in den Belegschaften weit in den Schatten stellten. Kein Wunder, dass
da mancher aus dem Volk vor Neid erblasste und störrisch wurde - 
zumal einzelne Vertreter der Managerklasse die Kritik durch 
Standesdünkel und eine jede Sensibilität vermissende Ferne von der 
sozialen Wirklichkeit noch zusätzlich herausgefordert haben.
Auf der anderen Seite ist es noch nicht allzu lange her, da waren die
Medien voll mit Berichten über Hartz-IV-Empfänger, die sich ihrer 
Faulheit brüsteten oder - natürlich am Fiskus vorbei - sich in ihrer 
großen Freizeit einen Mercedes hinzuverdienten.
Damals wie heute liegt ein grober Fehler in der Verallgemeinerung. 
Weder die Manager und Unternehmer noch die Empfänger von staatlicher 
Unterstützung sind in ihrer Mehrzahl Abzocker. Doch auf den Wellen 
der Entrüstung lässt sich eben gut schlechte Politik machen.
 Angesichts von Höchstgehältern erscheint plötzlich die Forderung 
nach Mindestlöhnen populär - auch wenn sich die ohnehin hohe 
Arbeitslosigkeit im unteren Lohnsegment dadurch nur noch einmal 
erhöhen würde.
 Weil weiter die Umverteilung von Oben nach Unten auf dem Weg über 
höhere Tariflöhne nicht recht funktionieren will, werden Reichen-, 
Luxus- und Vermögenssteuern ins Gespräch gebracht - auch wenn durch 
sie kein Cent mehr in die Staatskasse käme und stattdessen neue 
Vermögen ins Ausland geschoben würden.
Diese ausschließlich auf die Neid-Gefühle im Volk schielende Politik,
die - mehr oder weniger ausgeprägt - in fast allen Parteien zu finden
ist, ist wohl der gewachsenen Zahl der Parteien und den unsicheren 
Mehrheitsverhältnissen in Deutschland geschuldet.
Im Ergebnis ist sie dazu angetan, die notwendigen Brücken zwischen 
den unterschiedlichen sozialen Welten abzubauen. Wenn die 
Leistungsträger aber erst ihren Spaß an der Arbeit verlieren und 
schlimmstenfalls ins Ausland abwandern, werden bald auch die 
Einnahmen von Fiskus und Sozialversicherungen sinken.
 Was das bei einer insgesamt älter werdenden Bevölkerung bedeutet, 
kann sich jeder leicht ausmalen.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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