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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Fußball-EM

Bielefeld (ots)

31 Spiele an 23 Tagen. Es darf wieder
mitgefiebert und mitgejubelt, mitgezittert und mitgetrauert werden. 
Der Sommer 2008 steht ganz im Zeichen des Fußballs - es ist 
Euro-Time. Ausweichen wird schwierig, aber wer will das schon? Und es
ist spannend: Selten gab es mehr Anlass zu behaupten, dass eine EM 
eine WM ohne Brasilien und Argentinien ist. Europa stellte 2006 sechs
der acht WM-Viertelfinalisten und alle vier WM-Halbfinalisten.
Es lockt also großer Sport. Aber großen Sport bieten auch andere 
Athleten zuhauf, die Strahlkraft des Fußballs allerdings bleibt für 
sie zumeist unerreichbar. Dabei ist Fußball so ein simples Spiel. Es 
kennt nur eine einzige komplizierte Regel - und wer »Abseits« nicht 
versteht, kann damit sogar noch kokettieren.
Die große Kraft, die dem Fußball innewohnt, hat zweifelsohne etwas 
Elementares. Fußball verbindet. Wann haben Sie die Bundeskanzlerin 
Angela Merkel zuletzt so ausgelassen gesehen wie bei Ballacks 
Siegtreffer im EM-Testspiel gegen die Serben? Wahrscheinlich beim 
Sieg im Elfmeterschießen über Argentinien im WM-Viertelfinale 2006!
Überhaupt: der WM-Sommer 2006. Er hat uns berauscht, er berauscht uns
noch immer. Jeder hat seine Erinnerung an diese Wochen, als auf der 
deutschen Bühne ein großes, buntes, ausgelassenes und vor allem 
friedliches Sommermärchen gegeben wurde und Leute, die den besonderen
Kick nicht verspürten, nur sehr schwer zu finden waren.
So hoffen wir auf eine Wiederholung - aber wiederholt sich 
Geschichte? Die gute Nachricht: Sie wiederholt sich nicht. Im 
Halbfinale können uns die Italiener diesmal noch nichts anhaben.
Ansonsten aber hätten wir gegen eine Neuauflage nicht viel 
einzuwenden. Public Viewing ist in aller Munde. Schwarz-rot-goldene 
Schminke macht niemanden mehr zum Außenseiter. Rechtfertigen muss 
sich heute nicht der, der das Deutschland-Fähnchen am Auto hat, 
sondern der, der es nicht ans Auto klemmt.
Party oder Patriotismus - unter diesem Schlagwort ist die Diskussion 
um das neue Nationalgefühl der Deutschen schon vor zwei Jahren 
geführt worden. Für beide Interpretationen gibt es gute Gründe, und 
am wahrscheinlichsten ist, dass das eine richtig ist, ohne dass das 
andere falsch sein muss.
Wenige hätten etwas dagegen, wenn sich beides, ein positives 
Nationalgefühl und die Feierlaune, erneut Bahn bricht und »Angie« 
wieder den Oberfan gibt. Aber wir sollten bei alledem nicht 
vergessen, dass Fußball eine Nebensache bleibt, wenn auch für viele 
die schönste der Welt. Wir sollten die Fairness über den Erfolg 
stellen, wir sollten respektieren, wenn ein anderes Team besser ist. 
Gerade auch dafür haben wir 2006 ein wunderbares Beispiel gegeben.
Freuen wir uns auf das erste Spiel gegen die Polen, die diesmal noch 
nicht mit dem Rücken zur Wand stehen. Vielleicht wird es wieder so 
spannend wie am 14. Juni 2006, und vielleicht hat Deutschland wieder 
das bessere Ende für sich - ein Märchen mehr kann schließlich nicht 
schaden.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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