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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT zum Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan

Bielefeld (ots)

Wenn man der Bundesregierung glaubt, ist der
Bundeswehr-einsatz in Afghanistan bisher ein Erfolg. Die Menschen 
freuen sich über die deutsche Aufbauhilfe und die humanitäre 
Unterstützung. Es werden Brunnen gebohrt, Straßen und Schulen gebaut,
afghanische Polizisten und Offiziersanwärter der Armee ausgebildet. 
Auch die Sicherheitslage verbessere sich, wenn auch nicht in allen 
Landesteilen.
 Die Realität sieht allerdings schon seit längerer Zeit anders aus. 
Hilfsgelder versickern irgendwo, Korruption bis in die höchsten 
Ebenen verhindert vielerorts einen koordinierten wirkungsvollen 
Wiederaufbau. Clan-Chefs haben in ihren Regionen das uneingeschränkte
Sagen, arrangieren sich mit den Taliban. Der Drogenanbau erreicht 
Rekordvolumen. Mit dem Geld finanzieren die Clan-Chefs ihre 
Privatarmeen, unter deren Schutz sie ihre Drogengeschäfte abwickeln. 
Die Taliban verdienen ebenfalls kräftig am Drogengeschäft.
 Auch die Sicherheitslage hat sich verschärft. Dass die Taliban 
mitten in der Großstadt Kandahar ein Gefängnis in die Luft sprengen 
können, um Hunderte von Gefolgsleuten zu befreien, ist nur ein 
Beispiel. Mehr als 100 ausländische Soldaten sind in diesem Jahr 
schon getötet worden.
Nicht nur die Deutschen müssen mehr tun, um die Mission am Hindukusch
vor einem Desaster zu bewahren. Das zeigt die Debatte innerhalb der 
Nato über Truppenverstärkungen. Die Ankündigung von 
Verteidigungsminister Franz Josef Jung, die Zahl die 
Bundeswehrsoldaten in Afghanistan um 1000 zu erhöhen, unterstreicht 
den Ernst der Lage. Die Zahl der Taliban-Angriffe in dem von den 
Deutschen kontrollierten Norden nimmt zu, Ausbildung von afghanischer
Polizei und Armee lassen zu wünschen übrig. Aber mit mehr Soldaten 
allein ist es nicht getan.
Es ist an der Zeit, eine ehrliche Zwischenbilanz des 
Afghanistan-Einsatzes zu ziehen - auch vor dem Hintergrund dass weite
Teile der Bevölkerung in Deutschland mehr und mehr an Sinn und Zweck 
des Bundeswehr-Einsatzes zweifeln. Was hat sich in den mehr als sechs
Jahren seit dem Sturz des Taliban-Regimes dauerhaft zum Positiven 
entwickelt? Wer hat den Mut zu sagen, dass man die Aufgabe zu lange 
unterschätzt hat in einem Land der unterschiedlichsten Stämme, der 
regionalen Kriegsherren, die ihre eigenen Interessen verfolgen, und 
mit einem undurchsichtigen afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet, das
Ausbildungs- und Aufmarschgebiet der Rebellen ist?
 Natürlich ist es richtig, die Steinzeit-Islamisten der Taliban 
nachhaltig zurückzudrängen. Damit verbietet sich auch eine Debatte 
über eine Beendigung des Afghanistan-Einsatzes zum jetzigen 
Zeitpunkt.
Die Antworten auf die entscheidenden Fragen aber bleiben offen. Sie 
müssen jedoch in absehbarer Zukunft beantwortet werden. Welche 
politischen Ziele verfolgen die USA, Deutschland und ihre 
Nato-Verbündeten am Hindukusch? Und wann sollen diese Ziele erreicht 
werden?

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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