Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) schreibt zur Krise der CSU:
Bielefeld (ots)
»Das ist nicht eine Watsch´n oder ein Denkzettel, sondern das ist eine Zäsur in der Geschichte der CSU.« Wer wollte dieser Einschätzung des früheren CSU-Chefs und Ministerpräsidenten Edmund Stoiber widersprechen? In Bayern haben die Wähler am Sonntag eine Zeitenwende eingeleitet. Während in den anderen Bundesländern die Zeiten längst vorbei sind, in denen eine einzige Partei die Geschicke des Landes bestimmen konnte, müssen jetzt auch die Christsozialen von der jahrzehntelangen Formel »CSU ist gleich Bayern« Abschied nehmen. Die CSU wird auch künftig die dominierende Partei im Freistaat bleiben, ihre wirtschaftliche Bilanz ist im Vergleich mit den anderen Bundesländern immer noch beispielhaft. Doch die Zeiten absoluter Mehrheiten sind auch für die CSU endgültig vorbei. Das ist die eine Botschaft des Wahlsonntags, doch erklärt nicht das Fiasko, das die Erben Stoibers erlitten haben. Eingeleitet hat diese Entwicklung aber Stoiber selbst. Nach der Landtagswahl 2003 mit Zwei-Drittel-Mehrheit noch unumstrittener Sonnenkönig von Bayern, hat er in der Folge einiges dazu beigetragen, dass sich viele Wähler von der CSU abwendeten. Und mit seinem Rückzieher aus Berlin hat er viel Ansehen für die CSU verspielt und es dem Duo Günther Beckstein und Erwin Huber leicht gemacht, ihn vom Thron zu stoßen. Doch den nie für möglich gehaltenen Absturz auf 43 Prozent haben sich Beckstein und Huber ganz allein zuzuschreiben. Es ist zu billig, wenn sie jetzt den fehlenden Rückenwind aus der Bundespolitik beklagen. Auch wenn die Bundeskanzlerin in der Frage der Pendlerpauschale hart blieb. Es war auch kein Denkzettel, den die bayerischen Wähler den Beiden erteilt haben. Es war die Quittung für eine Politik der unglücklichen Hand, mit der das Duo in den nicht einmal neun Monaten seit dem Sturz Stoibers das Vertrauen vieler Wähler verspielt haben. Auch wenn die CSU nach dem Debakel vom Sonntag vorläufig keine personellen Konsequenzen ziehen und einen Sonderparteitag entscheiden lassen will. Personelle Veränderungen sind unumgänglich. Es werden schwierige Tage für den angeschlagenen CSU-Vorsitzenden Huber, aber auch für seinen Mitverschwörer Ministerpräsident Beckstein. Ob das unglücklich agierende Tandem dem Druck von außen und aus der Partei bis zum 25. Oktober standhalten wird, darf bezweifelt werden. Eines ist klar: Mit einem Bauernopfer in Form der Generalsekretärin Christine Haderthauer ist es nicht getan. Die vermeintlichen Retter der CSU stehen in den Startlöchern, als Hoffnungsträger taugen Huber und Beckstein vielen in der Partei nicht mehr. Wenn spätestens am 27. Oktober nach der bayerischen Verfassung der Ministerpräsident gewählt wird, hat die CSU auf jeden Fall einen neuen Parteichef. Bayern wohlmöglich auch einen neuen Regierungschef.
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