Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Konjunkturförderung
Bielefeld (ots)
Wenn es brennt, jagt man nicht den Brandstifter, sondern beginnt mit dem Löschen. Dabei gilt das besondere Augenmerk der Feuerwehrleute den Nachbargebäuden. In der ersten Phase ist es den Politikern in aller Welt ganz gut gelungen, ein Ausbreiten der Bankenkrise auf andere Wirtschaftszweige zu verhindern. Das sollte nun eigentlich dazu führen, dass die Experten weiter gezielt am Brandherd arbeiten - natürlich in dem Bewusstsein, dass später einige der Brandschutzrichtlinien überarbeitet werden müssen. Stattdessen aber wächst die Neigung, die Löschrohre zur Seite zu legen und stattdessen die Schleusentore an der Staatskasse zu öffnen. Das geht so schon nach dem Motto: Was gut ist, um den Banken wieder Vertrauen zuzuführen, das muss auch gut sein, um Industrie und Konsumenten dazu zu bringen, die Wirtschaft in Trab zu halten. Das alles gab es in den siebziger Jahren schon ein Mal. Milliarden wurden hier zu Lande damals mehrfach aus dem staatlichen Füllhorn mit der Gießkanne verteilt, ohne einen nachhaltigen Effekt auszulösen. Nun soll offenbar das alte Rezept einfach in ein neues Kuvert gesteckt werden. Die Eile und das Ausmaß, in dem dies geschieht, muss selbst diejenigen stutzig machen, die nicht jedes Konjunkturprogramm und jede Subvention von vornherein für von Grund auf böse halten. Denn natürlich kann und sollte der Staat auch unter marktwirtschaftlichen Bedingungen Zeichen setzen. Die beste Art, dies zu tun, ist jedoch, notwendige Investitionen etwa in den Erhalt von Straßen und Schienenwegen, in die Instandsetzung von Schulgebäuden sowie in den Ausbau alternativer Energien nicht auf die lange Bank zu schieben. Sich dagegen im großen Stil in die Privatwirtschaft einzukaufen, kann sich auf Dauer nur lähmend auf das ganze System auswirken. Es ist ein Rätsel, woher dieses neue Vertrauen in den wirtschaftlichen Sachverstand von Staat und Politikern kommen soll. Zugegeben: Da haben Bankleute, die alle Welt vorher für seriös gehalten hat, Unsummen von Geld verzockt. Aber wäre das etwa nicht geschehen, wenn die gleichen Bankleute von Politikern kontrolliert worden wären? Die schon vorhandene staatliche Bankenaufsicht einerseits und der aktuelle Zustand von IKB, KfW sowie zahlreicher Landesbanken andererseits legen eine solche Annahme nun wirklich nicht nahe. Konsumfreude wächst beim Bürger aus Vertrauen. Ist der Arbeitsplatz gesichert? Reicht der Verdienst für Lebensunterhalt und ein bisschen mehr? Bleiben Gesundheitsvorsorge, Nahrungsmittel und Energie bezahlbar? Auf diesem Feld sollte der Staat seine begrenzten Einflussmöglichkeiten nutzen. Ein Beispiel: Die Klarheit über die künftige Kfz- beziehungsweise CO2-Steuer ist für den möglichen Autokauf wichtiger als etwa ein durch staatlichen Zuschuss verbilligter Kredit. Ein Staat, der, statt gezielte Spritzen zu setzen, die Schleusen öffnet und damit notwendigerweise Steuern verschleudert, schafft nicht Vertrauen; er verhindert es.
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