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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Erbschaftsteuerreform

Bielefeld (ots)

»Der wichtigste Punkt vorneweg: Es gibt die
Erbschaftsteuer.« Finanzstaatssekretär Axel Nawrath stellte den 
Koalitionskompromiss gleich im ersten Satz bloß. Unabsichtlich 
freilich, wollte er doch nur der Erleichterung bei CDU/CSU und SPD 
Ausdruck verleihen. Verständlich. Mehr als ein Jahr war in der Großen
Koalition um das neue Gesetz gestritten worden. Nun drängte die Zeit.
Das Bundesverfassungsgericht hatte eine Frist bis zum Jahresende 
gesetzt, sonst wäre die Erbschaftsteuer entfallen.
Dazu kommt es leider nicht. So werden sich Privatleute, vor allem 
aber Erben von Familienunternehmen weiter durch komplizierte 
Regelungen wühlen müssen, um zu sehen, was der Staat ihnen vom Erbe 
übrig lässt. Das Beste am neuen Gesetz ist noch, dass es weniger 
schlimm ist als befürchtet. »Oma ihr klein Häuschen« kommt nicht in 
Gefahr, selbst wenn es sich um eine respektable Villa handeln sollte 
- zehnjährige Nutzung durch die Erben vorausgesetzt.
Für die junge Generation eines Familienunternehmens, von denen es in 
Deutschland zum Glück noch viele und in Ostwestfalen-Lippe sogar 
besonders viele gibt, sieht die Sache dagegen deutlich weniger rosig 
aus. Vor allem die lange Haltefrist von zehn Jahren bei gleicher 
Beschäftigtenzahl dürfte manchem Jungchef Sorgen bereiten. Nur mal so
zum Beispiel: Hätte dieses Gesetz schon 1999 gegolten, hätte besagter
Jungchef nicht nur selbst alles richtig machen müssen - was in 
Familienbetrieben ohnehin Voraussetzung für erfolgreiches 
Unternehmertum ist. Er hätte auch das Platzen der New-Economy-Blase 
2000, die Schockwellen in Folge der Terroranschläge vom 11. September
2001 und die aktuelle Banken- und Finanzmarktkrise unbeschadet 
überstehen müssen. Ein sicherer Kandidat für den Titel »Manager des 
Jahrzehnts« eben.
Wer in unruhigen Zeiten wie diesen Unternehmermut fördern will, geht 
anders vor. Vor allem, wenn man berücksichtigt, dass die gut vier 
Milliarden Euro, die jährlich über die Erbschaftsteuer ausschließlich
in die Kassen der Bundesländer fließen, gerade ein Prozent des 
gesamten Steueraufkommens ausmachen.
 Die Erbschaftsteuer liefert minimalen Ertrag, aber eben auch 
maximalen politischen Sprengstoff. Bis zur Umverteilungs- und 
Neiddebatte ist es nicht weit. Das wusste auch die SPD und schaltete 
auf stur. Oskar Lafontaine und die Linkspopulisten lassen schön 
grüßen. Mit ihrem Reststolz sprang die arg gerupfte CSU den 
Familienunternehmen gerade noch bei.
Besser wäre es jedoch gewesen, der Bund hätte die 
Gesetzgebungskompetenz auf die Länder übertragen. Das hätte einen 
Wettbewerb um angemessene Steuersätze beflügelt. Oder man hätte 
gleich ganz auf die Erbschaftsteuer verzichtet, wie es Österreich 
seit dem 1. August tut.
 Schließlich ist vererbtes Geld und Vermögen ja immer schon einmal 
besteuert worden - und das gilt für Privatleute wie für Firmeninhaber
gleichermaßen.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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