Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema »Operation Walküre«
Bielefeld (ots)
Darf ein bekennendes und missionierendes Mitglied der umstrittenen Psychosekte Scientology in einer großen Hollywood-Produktion den Hitler-Attentäter Stauffenberg spielen und dem Widerstand gegen die Nazi-Diktatur sein Gesicht geben? Um diese Frage kreist die Diskussion vor dem heutigen deutschen Kinostart von »Operation Walküre« mit Tom Cruise als Claus Graf Schenk von Stauffenberg. Das Projekt beschäftigt die Öffentlichkeit seit mehr als einem Jahr - von der Drehgenehmigung im Bendler-Block, wo Stauffenberg am 21. Juli 1944 hingerichtet wurde, bis zur irrwitzigen Tom-Cruise-Rede bei der »Bambi«-Verleihung Ende November 2007. Der Schauspieler schloss mit den Worten, die Stauffenberg vor seinem Tod gesprochen haben soll: »Es lebe das heilige Deutschland«. Ließe sich der Megastar nicht als Vorzeige-Scientologe benutzen oder wäre die Rolle mit einem anderen Darsteller besetzt worden, gäbe es keine Debatte um einen Film, der ein zeithistorisches Ereignis mit den Mitteln des Kinos spannend erzählt. Von einem Missbrauch des deutschen Widerstands für Scientology-Zwecke enthält der Film keine Spur. Stauffenberg gehörte keiner Sekte, aber einer geheimbündlerischen Verbindung an: dem Kreis des nationalmystischen Dichters Stefan George (1868-1933). In dieser elitären Gruppe entstand das Projekt »Geheimes Deutschland« als Gegenentwurf zur Weimarer Republik. Stefan George bestärkte Stauffenberg in der Annahme, aus dem Geschlecht des Stauferkaisers Friedrich II. (1194-1250) zu stammen. Auf dessen Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation könnte sich der überlieferte Ausspruch »Es lebe das heilige Deutschland« beziehen. Einige Ohrenzeugen der standrechtlichen Erschießung wollten aber »Es lebe das heimliche Deutschland« gehört haben - ein Bezug zu Stefan Georges Projekt »Geheimes Deutschland«. Kann man Tom Cruise, dessen Filme in 25 Jahren sieben Milliarden Dollar an den Kinokassen umgesetzt haben, von der Sekte trennen und ihn nur als Künstler sehen? Ja, das meinen »Bild«, »Frankfurter Allgemeine Zeitung« und der »Oscar«-prämierte deutsche Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck (»Das Leben der Anderen«). Ihr Argument: Wenn Cruise in einem hoch budgetierten Film Stauffenberg spielt, erfährt die unwissende Welt, dass es in Nazi-Deutschland auch Widerstand gegen Hitler gab. Das sei positiv für das Ansehen unseres Staates. Umgekehrt sagt das Gegenlager: Scientologen wie Tom Cruise und John Travolta würden sich ihre Rollen gezielt danach aussuchen, ob die Botschaft im Sinne ihrer Sekte interpretiert werden könnte. Demnach müsste man auch davon ausgehen, dass es Cruises klare Absicht gewesen ist, Stauffenberg als engagierten Kämpfer gegen das Böse zu zeigen, der heutzutage vielleicht ein Scientologe wäre. All das ist ziemlich weit hergeholt. Selbst wenn die Sekte so denken sollte, hieße das noch lange nicht, dass die Menschen darauf hereinfallen würden.
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