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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum neuen Bußgeldkatalog

Bielefeld (ots)

»Freie Fahrt für freie Bürger.« Es war Anfang
der 1970er Jahre, als der ADAC diesen Slogan anlässlich sonntäglicher
Fahrverbote und eines in Erwägung gezogenen Tempolimits auf deutschen
Autobahnen propagierte.
Doch die Zeiten der freien Fahrt gehören faktisch inzwischen längst 
der Vergangenheit an. Die Verkehrsdichte auf der einen und die 
Vielzahl der Geschwindigkeitsbeschränkungen auf der anderen Seite 
sorgen generell dafür, dass es langsamer voran geht - vor allem auf 
den Autobahnen.
Dessen ungeachtet müssen diejenigen, die bei zu schnellem Fahren 
erwischt werden, vom 1. Februar an mit teils drastisch höheren 
Strafen rechnen. Das ist durchaus richtig und hat in bestimmten 
Situationen auch garantiert erzieherische Wirkung. Wer in einer 
Tempo-30-Zone vor einem Kindergarten mit mehr als 50 vorbeirauscht, 
der gehört massiv bestraft. Eine Geschwindigkeitsübertretung von 
ebenfalls 20 oder auch 30 »Sachen« auf der - möglicherweise sogar 
ausnahmsweise einmal wenig befahrenen - Autobahn mit Raserei 
gleichzusetzen, verfehlt allerdings das Ziel.
Das nämlich muss lauten, bei den Verkehrsteilnehmern dafür zu sorgen,
dass bestimmte Gefahrenquellen aus Eigenverantwortung so gut es geht 
ausgeschaltet werden. Überhöhtes Tempo an exponierten Stellen gehört 
ebenso dazu wie Fahren unter Drogen- oder Alkoholeinfluss.
Im Klartext: Es kommt immer auf die Verhältnismäßigkeit an. Es muss 
dort gemessen werden, wo Unfallschwerpunkte liegen. Ein mobiler 
Blitzer an einer vierspurigen Ausfallstraße an einem Sonntagmorgen um
sieben Uhr jedenfalls gehört kaum dazu. Kontrollen dieser Art lassen 
- selbst bei tatsächlichen Verkehrsverstößen - den Verdacht der 
Abzocke aufkommen.
Vor der jetzt in Kraft tretenden Änderung des Bußgeldkatalogs aber 
dürften die Politiker auch in die europäischen Nachbarländer geblickt
haben. Dort kassieren die Ordnungsbehörden vor allem bei 
Tempoverstößen seit geraumer Zeit kompromisslos ab. Ob Österreich, 
Schweiz, Frankreich, Belgien oder die Niederlande - wer auf den 
Straßen der jeweiligen Länder zu schnell unterwegs ist, muss ganz 
tief in die Tasche greifen. Wer nicht zahlt, der muss im 
ungünstigsten Fall sein Auto sogar stehen lassen.
 Diese harte Vorgehensweise zeigt spürbar Wirkung. Es sind nur 
wenige, die trotz der drohenden Bußgelder den Fuß unbekümmert und 
unbelehrbar auf dem Gas lassen.
Von daher könnte Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) 
vielleicht Recht behalten, wenn er betont, die Erfahrung lehre, dass 
empfindliche Strafen wie hohe Bußgelder und der Entzug der 
Fahrerlaubnis Wirkung zeigen würden. Die kommenden Monate werden 
erweisen, ob seine Annahme stimmt.
Wenn die Verteuerung der Verkehrssünden ein Plus an Sicherheit auf 
den Straßen bringt, dann haben sich die Änderungen tatsächlich 
gelohnt. Nur nicht für den Staat - denn der würde dann weniger Geld 
in die Kassen bekommen.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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