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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur HRE/Verstaatlichung/Enteignung

Bielefeld (ots)

Enteignung - was für ein schreckliches Wort. Wer
hätte gedacht, dass Deutschland 20 Jahre nach dem Fall der Mauer und 
dem Ende der DDR-Staatswirtschaft darum ringt, eine an der Börse 
notierte Bank wie einst im Sozialismus zu verstaatlichen und damit 
deren Aktionäre zu enteignen?
 Das Schicksal der bankrotten Hypo Real Estate (HRE) lässt in diesen 
Wochen die Wogen hoch schlagen. Anlegerschützer warnten gestern 
eindringlich vor einer Verstaatlichung des Instituts. Sie befürchten 
einen »Gau für die Aktienkultur in Deutschland«. Und auch Politiker 
aus den Reihen der Union wehren sich gegen eine Zwangsenteignung der 
Aktionäre.
Wäre es also besser, die Bank sich selbst zu überlassen? Doch was 
wären die Folgen? Ist der Staat in der Verantwortung?
Leider ja. Denn so wie bisher kann es nicht weitergehen. Tag für Tag 
verliert das Institut, das fast ausschließlich Großprojekte 
finanziert wie den Bau von Flughäfen, Autobahnen und Hotels, weitere 
Millionen. Die unvorstellbare Summe von 92 Milliarden Euro - alles 
unser Steuergeld - hat der Staat bereits zur Stützung der Pleitebank 
ausgegeben. Und es reicht immer noch nicht. Die HRE ist am Ende.
So muss die Bundesregierung wie schon bei der Teilverstaatlichung der
Commerzbank notgedrungen handeln. Denn eins ist klar: Die Pleite der 
HRE in Kauf nehmen, wie es manche Leute trotzig fordern, kann nicht 
die Alternative sein. Dadurch würden andere Banken, Sparkassen und 
Versicherungen in Mitleidenschaft gezogen. Das fragile Bankensystem 
könnte einstürzen.
Es versteht sich von selbst, dass eine Verstaatlichung eines 
Unternehmens oder einer Bank nur das allerletzte Mittel sein kann. 
Stolz kann auf diese Art von Lösung, wenn sie denn zustande kommt, 
ohnehin niemand sein. Aber: Ziel muss es sein, den maroden 
Immobilienfinanzierer nun so schnell, wie es mit Rücksicht auf die 
Stabilität des Finanzsystems möglich ist, abzuwickeln - und damit 
auch die Verluste des Steuerzahlers zu begrenzen.
 Der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD, 
Johannes Kahrs, beschreibt das Dilemma so: »Wir wollen nicht die 
Wirtschaft verstaatlichen, aber wenn der Staat eine Bank überwiegend 
aus Steuergeldern stützt, dann muss er auch eine Gegenleistung 
bekommen. Und wenn das nicht anders geht als durch Enteignung, dann 
ist das in Ordnung.«
Noch stehen diesem Schritt rechtliche Probleme entgegen. Daher fiel 
gestern auch keine Entscheidung. Hinzu kommt das ungute Gefühl, dass 
der Staat in der Regel nicht der bessere Banker ist, wie das Desaster
um die Mittelstandsbank IKB zeigte.
Gleichwohl gewinnt die Finanzkrise mit der Diskussion um die 
Verstaatlichung der HRE in Deutschland eine neue Dimension. Nach 
Banken-Rettungsschirm und den beiden milliardenschweren 
Konjunkturpaketen wird erneut die Dramatik deutlich, in der sich die 
Finanzwirtschaft befindet.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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