Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Hypo Real Estate
Bielefeld (ots)
Erschien der Subventionstopf für Deutschlands Banken bislang so löchrig wie ein Sieb, so ist in der vergangenen Woche der Boden sogar ganz weggebrochen. Die Milliarden flutschen nur so durch. Speziell bei der Hypo Real Estate (HRE) sind die Risiken in eine Dimension hineingewachsen, die die Geldwirtschaft noch vor kurzem als Hirngespinst abgetan hätte. »Die Vorschriften und Kontrollen sind in Deutschland doch viel zu scharf«, hieß es - und alle haben es geglaubt. Man stelle sich vor: Eine Billion - 1 000 000 000 000 - Euro sind an der Bilanz vorbei in Derivate investiert worden, und keiner hat es gesehen. Das ist der größte Skandal, auf den die Bundeskanzlerin und ihr Finanzminister im Verein mit der Bankenaufsicht Bafin und dem Rettungsfonds Soffin schnell eine Antwort finden müssen. Ansonsten ist die Gefahr zu groß, dass aus den ständig neu auftauchenden Risiken immer neue Verluste entstehen. Der Subventionstopf des Staates darf in einer Krise auch mal größer sein. Aber wenn der Boden ganz fehlt, untergräbt dies das Vertrauen nicht nur bei den Steuerzahlern und Wählern, sondern auch unter den Banken sowie zwischen Wirtschaft und Politik. An sich legt der Name Hypo Real Estate nahe, dass die Bank mit diesem Namen ihr Geschäft mit realen Dingen - Immobilien - macht. Die Pfandbriefe und Kommunalobligationen, mit denen sie die Investments ihrer Kunden finanzierte, galten auf Seiten der Anleger früher als langweilig, aber sicher. Doch dem ehemaligen Vorstand der HRE waren wohl die Renditen zu gering. Also verlegte er sich auf höher verzinste und mit höheren Risiken behaftete Geschäfte. Die Börse honorierte das. Nun sollten die Aktionäre auch die Verantwortung übernehmen! Doch dazu fehlt offenbar vor allem beim Hauptaktionär J. C. Flowers die Einsicht. Statt selbst Kapital nachzulegen oder sich zurückzuziehen, fordert der US-Investor vom Staat - und damit vom Steuerzahler - mehr als das Doppelte des aktuellen Börsenkurses. Sicher, alle Aktionäre haben viel Geld verloren. Flowers, der zum Kurs von 22,50 Euro und damit dem 17- bis 18-fachen des heutigen Wertes gekauft hat, büßte sogar besonders viel ein. Andererseits ist nicht bekannt, dass Flowers bei anderen Geschäften, bei denen er viel Geld verdient hat, dem Staat freiwillig einen größeren Anteil überschrieben hätte. Genauso wenig darf die Bundesregierung für die Mehrheit beziehungsweise den Erwerb der HRE jetzt mehr Steuerzahlergeld überweisen als notwendig. Die Rettung wird teuer genug. Mit dem Rettungsübernahmegesetz, das den Weg zur Verstaatlichung öffnet, verfügt Peer Steinbrück über das Instrument, dies durchzusetzen. Inzwischen mehren sich allerdings Expertenstimmen, die meinen, man könne das System der Pfandbriefe auch anders retten als durch eine staatliche Übernahme der Hypo Real Estate. Sollte sich dies bewahrheiten, ohne dass die bisher genehmigten fast 100 Milliarden Euro abgeschrieben werden müssten, könnte der Subventionstopf seinen Boden schneller zurückerhalten als es im Augenblick erscheint.
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