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Westfalen-Blatt

Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema Fritzl-Urteil:

Bielefeld (ots)

Josef Fritzl bedauert. Josef Fritzl bereut.
Josef Fritzl nimmt das Urteil an. Ruhig. Gefasst.
Das ist die eine Seite des 73-Jährigen. Von der hat auch die 
psychiatrische Gutachterin berichtet. Adelheid Kastner, die Fritzl 
einen »emotionalen Analphabeten« nennt, weiß um dessen gespaltene 
Persönlichkeit.
 Schuldgefühle hier, schwerst gestört bis hin zu gefährlich da. Aber 
die Bezeichnung krank lässt sie nicht gelten. »Wer krank ist, kann so
etwas nicht tun, weil es ihm an Ordnung fehlt, um über eine so lagen 
Zeit zielgerichtet zu handeln.«
Dieses zielgerichtete Handeln hat vor allem seine Tochter Elisabeth 
zu spüren bekommen. 24 Jahre lang war sie Opfer eines unvorstellbaren
Martyriums. Eingesperrt im Keller, viele tausend Mal vom eigenen 
Vater vergewaltigt und mehrfach geschwängert. Eines der sieben dort 
unten im Verließ geborenen Kinder überlebte nicht. 66 Stunden hatte 
Josef Fritzl das Baby leiden lassen, ohne zu reagieren, ohne zu 
helfen. Diese Grausamkeit ist nach Ansicht der Gutachterin ebenso 
tief in Fritzl verwurzelt wie das Bedürfnis nach Macht. Das Böse 
könne er nicht ablegen.
Trotz dieser Einschätzung war es letztlich auch das Geständnis des 
73-Jährigen, das es dem Gericht erleichtert hat, im wahrsten Sinne 
des Wortes kurzen Prozess zu machen. Am einstimmigen Schuldspruch der
acht Geschworenen hatte allerdings ohnehin kaum jemand gezweifelt. 
Mord, Sklaverei, Vergewaltigung, Freiheitsentziehung, Inzest und 
schwere Nötigung - in allen Punkten sah das Gericht Fritzl als 
überführt an.
Mit der lebenslangen Haftstrafe ist der Prozess im Fall Fritzl 
zunächst abgeschlossen. Doch das Leiden der Elisabeth Fritzl und 
ihrer Kinder dauert an. Sie müssen sich weiter verstecken, möglichst 
unerkannt leben, um nicht wie schon einmal geschehen, von Paparazzi 
erwischt und der Öffentlichkeit präsentiert zu werden. Für dieses 
Leben auf der andauernden Flucht ist ebenfalls der jetzt verurteilte 
Josef Fritzl verantwortlich. Dessen letzte Worte vor Gericht - »Ich 
kann es leider nicht mehr gut machen. Ich kann nur schauen, den 
Schaden nach Möglichkeit zu begrenzen« - klingen vor diesem 
Hintergrund mehr als zynisch.
 Eine gehörige Portion Zynismus aber legt auch die Stadt Amstetten an
den Tag. Bis heute weist man hier jede Schuld an dem Verbrechen von 
sich. An eine Klärung, wie es Fritzl gelingen konnte, die Behörden 
derart zu täuschen, ist nicht gedacht.
Zwar würden auch damit die
Gräueltaten im Keller des Fritzl-Hauses nicht ungeschehen gemacht und
das Leid der Kinder wäre nicht minder groß. Doch würden die Ursachen 
gefunden, könnte das in Zukunft vielleicht helfen, ähnliche 
Verbrechen zu verhindern.
Denn der immer postulierte Einzelfall ist Amstetten beileibe nicht. 
Auch Natascha Kampusch war viele Jahre von ihrem Peiniger im Keller 
gefangen gehalten worden.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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