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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Internet

Bielefeld (ots)

Das Internet - während wir es hierzulande häufig
verfluchen, ist das »Netz« für mindestens 60 000 Menschen im Iran in 
diesen Tagen wie ein rettender Strohhalm.
In Teheran tobt der Widerstand. Aber eine seriöse 
Medienberichterstattung ist untersagt. Dank moderner 
Kommunikationsmittel kann die Opposition sich dennoch wehren. Um das 
Regime zu stürzen, twittert, bloggt und mailt die Revolte, was das 
Zeug hält. Das Internet ist wie Öl ins Feuer des Widerstandes, das im
Iran nicht mehr nur flackert, sondern lichterloh brennt. Und 
gleichzeitig versuchen die Machthaber zu kontrollieren, was nicht 
mehr zu kontrollieren ist. Der Widerstand ist - Internet und Handys 
sei Dank - wohl nicht mehr aufzuhalten. Wie der Machtkampf am Ende 
ausgeht - wir alle wissen es nicht.
Seit fast 30 Jahren gibt es das Internet nun schon. Es ist nach einer
repräsentativen Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) 
mittlerweile das wichtigste Medium im deutschen Sprachraum.
Internet kann Revolutionen fördern. Internet kann aber auch dazu 
führen, dass Werte und Moral vor lauter Begeisterung auf der Strecke 
bleiben. Beispiel Samstag, 23. Mai: Ganz Deutschland wartete gespannt
auf das Ergebnis der Bundespräsidentenwahl. Um 14.29 Uhr verkündete 
Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) die Wiederwahl Horst 
Köhlers. Keine große Überraschung für viele politische Beobachter - 
und ein »alter Hut« für die Leser des Internetdienst 
»www.twitter.de«. Was war passiert? Der SPD-Abgeordnete Ulrich Kelber
hatte schon um 14.13 Uhr getwittert und das Gerücht - »Köhler hat 613
Stimmen« - weltweit verbreitet. Ähnlich verantwortungslos hat sich 
die Abgeordnete Julia Klöckner (CDU) verhalten. Ihre Nachricht vor 
der offiziellen Bekanntgabe: »Leute, ihr könnt in Ruhe Fußball 
gucken. Wahlgang hat geklappt«.
Nicht anders Oskar Lafontaine (Die Linke): Als die Bundesregierung 
noch mitten in der Nacht die Opel-Rettung beriet und das Ergebnis 
längst noch nicht feststand, kritisierte Lafontaine im Netz bereits 
das Scheitern der Beratungen.
Einige Minuten nach dem Amoklauf von Winnenden glaubten Blogger, den 
Namen des Täters zu wissen - und veröffentlichten diesen im Internet.
Erst Stunden später stellte sich heraus, dass sie sich bei dem Namen 
geirrt hatten.
Das Internet ist eine gefährliche Wundertüte. Es hilft Menschen, es 
ist modernes Kommunikationsmittel, es informiert blitzschnell, es 
unterhält, es dient aber auch Kriminellen, es ist unseriös, es ist 
ungeschützt. Erlaubt ist fast alles. Die Moral steht häufig hinten 
an. Regeln scheint es keine bis gar keine zu geben.
Übrigens: 47 Prozent der Wähler in Deutschland wären nach einer 
Umfrage zur Stimmabgabe im Internet bereit. Danach hätte die niedrige
Wahlbeteiligung bei der Europawahl durch die Möglichkeit der 
Online-Wahl gesteigert werden können. Elf Prozent der Befragten gaben
an, dass sie gewählt hätten, wenn sie ihre Stimme per Internet hätten
abgeben können. Auch das sollte uns zu denken geben.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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